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Der Korse mischt den Laden auf
Umgeben von größeren, stärkeren Ländern, ist die Schweiz im Lauf ihrer Geschichte er-
staunlicherweise nur ein Mal erobert worden - ein Kunststück, auf das man heute noch
stolz ist. Als 1798 ein kleinwüchsiger Korse anrückte, wurde kurz Widerstand geleistet,
doch die alte Konföderation hielt nicht lange stand. Seit ihrer kleinen Auseinandersetzung
bei Marignano hatten Schweizer und Franzosen bis dahin in guter Nachbarschaft gelebt -
trotz sprachlicher Unterschiede und religiöser Differenzen. Gar nicht übel, wenn man be-
denkt, dass Frankreich im Lauf seiner Geschichte praktisch ständig mit irgendjemandem
Krieg geführt hat. Die französischen Besatzer wurden zwar nicht gerade mit offenen Ar-
men empfangen, aber man kann sagen, dass sich ein paar Schweizer über ihr Eintreffen
freuten - wenigstens am Anfang.
Die Schweiz war damals nicht das demokratische Musterländle, das wir heute kennen.
Im Grunde war die alte Konföderation ein loser Verbund aus 13 Kleinstaaten, teilweise
noch mit aristokratischen Obrigkeiten und feudalen Strukturen. Daneben gab es mehr als
70 Gebiete, die heute größtenteils zur Schweiz gehören. Diese waren damals teils unab-
hängige Verbündete, wie die mächtigen Städte Genf und St. Gallen, teils abhängige Gebie-
te wie das Tessin, teils Schutzgebiete wie die winzige Republik Gersau mit nur 2000 Ein-
wohnern. Napoleon löste dieses Gebilde erst einmal auf und schuf die Helvetische Repu-
blik, einen Zentralstaat mit ebensolcher Regierung. Die Schweiz als Nationalstaat war ge-
boren.
Da hier Napoleon am Werk war, lief die Sache aber anders als geplant. Niemand mochte
die neue Regierung mit ihrer Machtfülle, aber noch unbeliebter war der Zwang, eine Be-
satzungsarmee zu beherbergen (und zu verpflegen). Zu allem Überdruss fielen wieder ein-
mal die nervtötenden Österreicher ein, diesmal, um die Franzosen zu vertreiben. Als
Schlachtfeld für Großmächte zu dienen gefiel den Schweizern überhaupt nicht - sie sahen
sich wieder einmal darin bestätigt, dass man sich aus solchen Konflikten lieber raushielt.
Das erste große Experiment mit einer Zentralregierung währte also nur fünf Jahre, ehe es
an internen Streitereien und externen Machtkämpfen scheiterte. Napoleon zeigte Einsicht,
schaffte die Helvetische Republik ab und rief eine neue, verbesserte Version der alten Kon-
föderation ins Leben.
Als der einzige Eroberer nimmt Napoleon eine Sonderstellung in der Schweizer Ge-
schichte ein (obwohl er dafür nicht gerade gefeiert wird), und sein Einfluss ist noch heute
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