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Auf den Pfaden der Historie
Bis zum Jahr 1220 waren die abgelegenen Täler und Dörfer der heutigen Schweiz für nie-
manden von besonderem Interesse. Dann wurde die Route über den Gotthardpass eröffnet,
und alle wollten im lukrativen Handel mit dem Mittelmeerraum mitmischen. Dafür muss-
te man die Bauern unter Kontrolle bringen, deren Täler den alleinigen Zugang zur Nord-
seite des Passes boten, und irgendwann suchten diese schließlich den Schutz von Friedrich
II. persönlich. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewährte Uri und Schwyz
Reichsunmittelbarkeit, das hieß, nur der Kaiser war ihr Boss und kein lokaler Machthaber
oder hergelaufener Herzog. Allerdings bot diese weitgehende Selbstverwaltung keine aus-
reichende Sicherheit. Die Bösewichter betraten in Gestalt der österreichischen Habsburger
die Bühne; sie entsandten Vögte und plusterten sich auf, um zu kriegen, was sie wollten.
Das führte jedoch dazu, dass die Schweizer noch fester zusammenhielten und schließlich
der Rütli-Bundesbrief entstand, der einzige von mehreren Verträgen aus dieser Zeit, der in
schriftlicher Form überlebt hat.
Keiner der Urkantone hat eine große Bevölkerung, sie kommen also gemeinsam mit
rund einem Kilometer Wegstrecke aus, aber es geht stetig bergauf, ein Aufstieg, wie ihn
die ersten Eidgenossen wohl auch bewältigen mussten. Das große Ereignis im Zeitrahmen
dieses Kilometers war der Schweizer Sieg gegen die Österreicher bei der David-gegen-
Goliath-Schlacht am Morgarten 1315. Eine Niederlage hätte der Schweiz womöglich kurz
nach ihrer Geburt den Garaus gemacht, der Sieg aber ermutigte Luzern, sich den Nach-
barn am See anzuschließen. Dann stieß die Metropole jener Tage, die Stadt Zürich, zum
Bund, und plötzlich gehörte ein ansehnliches Territorium zu der jungen Konföderation.
Mit sehr vielen Menschen. Luzern und Zürich teilen sich mehr als sieben Kilometer des
Weges; wie schade, dass die kleineren Kantone nicht noch eine Weile unter sich geblieben
sind. Denn in diesen frühen Jahrzehnten tat sich nicht viel, und so gibt es auf dem zwei-
stündigen Weg keine großen historischen Ereignisse zu durchleben. Stattdessen vergegen-
wärtige ich mir, auf wie vielen Leuten ich dahinwandle.
Mit Schuhgröße 42 sind meine Füße je 26 Zentimeter lang, was 52 Personen entspricht,
auf die ich bei jedem Schritt trete. Ich fühle mich wie ein Riese, vor allem wenn ich beden-
ke, dass ich, würde ich mich längs auf den Weg legen - was recht seltsam wäre -, auf 366
Menschen läge. Für die schlechten Mathematiker unter Ihnen: Ich bin 1,83 Meter groß. Ich
könnte nun verschiedene Körperteile auf Fünf-Millimeter-Menschen umrechnen, will
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