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an. Vor ein paar Jahren tobte in Zürich ein Sturm der Entrüstung, weil man dort be-
schlossen hatte, Englisch in den Schulen Vorrang vor Französisch einzuräumen - mit der
Begründung, dies wäre für die Kinder später doch viel nützlicher.
Das Problem ist, dass die Schweizer zwar andere Nationalsprachen in der Schule ler-
nen, im Alltag aber nur ihre eigene brauchen, wenn sie nicht für die Regierung arbeiten
oder in einen anderen Landesteil umziehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die
Deutschschweizer nicht wirklich Deutsch sprechen, zumindest nicht das Deutsch, das in
Deutschland gesprochen wird. Ihr Schwyzerdütsch umfasst alle möglichen Dialekte, die
in den verschiedenen Gegenden der Schweiz zu Hause sind. Dabei handelt es sich vor-
wiegend um gesprochene Sprache, in Schriftform sieht man es erst seit Kurzem. Bücher,
Zeitungen und Zeitschriften werden in Hochdeutsch gedruckt (oder Schriftdeutsch, wie
man in der Schweiz gern sagt). Selbst im Fernsehen wird scharf unterschieden: Die lan-
desweiten Hauptnachrichten werden auf Hochdeutsch verlesen, Lokalnachrichten und
Wetter auf Schwyzerdütsch. Im Allgemeinen sprechen die meisten Schweizer lieber
Schwyzerdütsch als die offiziellere Sprache aus dem Norden. Und wie klingt der Unter-
schied in fremden Ohren?
Schwyzerdütsch ist melodischer und gleichzeitig gutturaler, auch gehört immer mal
wieder ein französisches Wort wie poulet , trottoir und velo dazu. Die Krönung dieser
französisch-deutschen Mischung ist das in der Schweiz übliche Dankeschön: merci viel-
mal .
Doch die französisch- und italienischsprachigen Schweizer Kinder lernen nicht Dia-
lekt, sondern Hochdeutsch, was bei ihren Deutschschweizer Landsleuten gar nicht gut
ankommt. Natürlich ist es auch wenig hilfreich, dass die meisten Frankoschweizer offen-
bar nach dem Ende der Schulzeit jedes deutsche Wort vergessen haben. In den franzö-
sischsprachigen Kantonen sprechen die Einheimischen oft so stur ausschließlich Franzö-
sisch wie in Frankreich selbst, und wenn sie endlich doch gnädigerweise in eine andere
Sprache wechseln, dann eher ins Englische. In bestimmter Hinsicht hat das Eindringen
des Englischen in den Alltag, wo es oft die einzige gemeinsame Sprache ist, die Schweizer
Sprachengräben noch vertieft. Statt so vielsprachig zu sein wie erwartet, sprechen man-
che Schweizer jetzt ausschließlich ihre Muttersprache (egal ob Deutsch, Französisch oder
Italienisch) sowie Englisch. Und etliche beherrschen nur Erstere, ganz wie die Einwohner
der meisten anderen Länder auch.
Für die Deutschschweizer sind die Dialekte des Schwyzerdütschen ein bestimmendes
Merkmal ihrer Nationalität, das sie stolz und wortgewaltig verteidigen. Da ist es höchst
seltsam, dass eine der berühmtesten Schweizer Ikonen aller Zeiten nicht die Landesspra-
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