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Gemeinsam sind wir …
Die SBB haben nicht nur gut geplante Fahrpläne, sie locken auch die Menschen von den
Straßen in die Züge. Sie wollen zum Madonna-Konzert in Zürich oder zum Pokalendspiel
nach Bern? Dann ist in Ihrer Eintrittskarte die Zugfahrt inbegriffen, Sie können das Auto
also ruhig stehen lassen. Eine super Idee! Oder wie wär's mit einer Juniorkarte für 30 Fran-
ken pro Jahr, damit fahren Ihre Kinder oder Enkel ein Jahr kostenlos mit, sogar auf atem-
beraubend teuren Routen wie dem Jungfraujoch (siehe unten)? Das ist ein echter Renner,
vor allem wenn Sie mit einem Doppeldeckerzug durchs Land fahren, der eigens einen Fa-
milienwagen hat: unten Platz für den Buggy, oben ein Spielplatz mit allem Möglichen, was
die kleinen Engel glücklich macht: Die Schweizer haben eben Sinn fürs Detail. Vielleicht
der größte Marketingerfolg oder wenigstens einer, der die Eidgenossen besonders an-
spricht, sind aber die Gruppenbillette.
Die Schweizer tun sich gern zu Gruppen zusammen. Egal welche Freizeitbeschäftigung
Sie sich ausdenken, Sie finden garantiert irgendwo in der Schweiz einen entsprechenden
Verein oder eine Gruppe dafür - das muss daran liegen, dass Kokosnüsse gern Haufen bil-
den. Vielleicht aber sind die Schweizer gute Organisation einfach so gewohnt, dass sie
auch ihren Feierabend lieber geordnet verbringen. Sich mit anderen zusammenzuschließen
ist unter Eidgenossen geradezu ein Muss, und ein Ausländer, der sich um die Schweizer
Staatsangehörigkeit bemüht, sollte seine Integrationsfähigkeit durch die Mitgliedschaft in
irgendeinem Verein beweisen. Da wird es für mich allmählich Zeit, mal wieder Tischten-
nis zu spielen oder Gesangsstunden zu nehmen oder vielleicht das Blasen auf etwas Lan-
gem, Hartem wie dem Alphorn zu erlernen.
Gruppen verreisen gern gemeinsam, zumindest in der Schweiz, wo sie bei den SBB kos-
tenlose Platzreservierung und Fahrpreisermäßigungen erhalten. Kein Wunder, dass es in
den Waggons oft nur so von Pfadfindern und Senioren wimmelt, die der Berg ruft. Oder
von Schulklassen auf Museumsexkursion. Oder von Großfamilien bei einer gemeinsamen
Tagestour. Oder von Belegschaften auf Betriebsausflug. Alles klar?
Als gelernter Individualist konnte ich erstaunt beobachten, wie sich die Schweizer Dy-
namik in der Gruppe verändert und das Stereotyp des ruhigen, reservierten, ernsthaften
Eidgenossen Lügen straft. Im Umgang mit Fremden mögen sie sich zunächst so geben,
aber miteinander unterhalten sie sich gern ungehemmt in italienischer Lautstärke. Wenn
Sie den Waggon mit Schweizer Gruppenreisenden teilen, haben Sie am Ende der Fahrt
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