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Das Verbundnetz
Die der Schwerkraft trotzenden Bergbahnen sind der berühmteste Teil der SBB , aber auf
sie entfallen nur 150 des 5000 Kilometer langen Schienennetzes. Eisenbahnen sind die Zug-
pferde der Schweizer Wirtschaft, denn sie transportieren nicht nur Urlauber und Pendler,
sondern auch Güter. Beeindruckende 63 Prozent des transalpinen Schwerlastverkehrs wer-
den auf der Schiene durch die Schweiz befördert, doppelt so viel wie in Österreich. Die
Verladung der Schwerlastfahrzeuge auf Züge bedeutet weniger Luftverschmutzung, weni-
ger Verkehr, weniger Lärm, also haben alle etwas davon. Aber das wahre Wunder des
Schweizer Schienennetzes sind weder die Frachtstrecken quer durch die Alpen noch die
großen Namen wie der Glacier Express oder die gut ausgelasteten Intercity-Verbindungen.
Das wahre Wunder sind die Regionalbahnen.
Jahrzehnte nach Dr. Beeching, der vielen Regionalverbindungen in Großbritannien den
Garaus machte, gelten diese in der Schweiz nach wie vor als wesentlicher Teil der nationa-
len Infrastruktur, auch wenn sie nicht so gut ausgelastet sind. Die vollen Züge der Haupt-
verbindungen bringen das Geld für die Subventionierung der Nebenstrecken, sodass das
Gesamtnetz überlebt. Für jemanden, der in einer Welt der Privatisierung um des Profits
willen aufgewachsen ist, klingt das sehr weitsichtig, antidarwinistisch und antikapitalis-
tisch. Für die Schweizer ist es aber einfach ein Service für die Einheimischen und verstreu-
te Touristen, der garantiert, dass keine Gemeinde vom Transportnetz abgeschnitten ist. Um
dieses Ziel zu erreichen, werden auch Busse eingesetzt, die den Eisenbahnverkehr aber nur
ergänzen, nicht ersetzen sollen. Ein spinnennetzartiges Gebilde aus 798 Routen mit über
2100 Postbussen, alle leuchtend gelb, befördert 121 Millionen Passagiere pro Jahr zu Orten,
die per Bahn nicht zu erreichen sind. Da wir uns in der Schweiz befinden, sind die Fahr-
pläne aufeinander abgestimmt, sodass die Reisenden zügig von der Bahn in den Bus und
umgekehrt umsteigen können.
Bei den Schweizern sieht das so einfach aus, als wäre es die natürliche Ordnung der
Dinge. Als wäre es die einzige Möglichkeit, wie öffentliche Verkehrsmittel betrieben wer-
den können.
Solche Koordination ist nur möglich, weil das System einer einheitlichen Planung un-
terliegt. Jeden Dezember, meist am zweiten Sonntag des Monats, tritt der neue landesweite
Fahrplan in Kraft und gilt dann für ein ganzes Jahr. Sämtliche Lokal-, Regional- und Bun-
desverbindungen sowie das Busnetz sind integriert, sodass kaum Wartezeiten anfallen.
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