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kaum welche, deren Konsistenz an Plastik erinnert. Aber erst in der Schweiz wird man
dessen gewahr, denn die Eidgenossen exportieren die weniger schmackhaften und halten
mit den Vorzügen der anderen hinterm Berg. Wie typisch schweizerisch. Doch trotz sei-
nes Erfolges ruht sich der Schweizer Käse auch in seiner Heimat nicht auf seinen Lorbee-
ren aus. Die drei wichtigsten Marken werden ständig in Zeitschriften, im Fernsehen, im
Kino, in der Tram, ja praktisch überall beworben. Und es funktioniert. Die Schweizer es-
sen ungeheuer viel Schweizer Käse, durchschnittlich 15,9 Kilogramm pro Person im Jahr.
Der Verzehr von Käse insgesamt beträgt beeindruckende 21,2 Kilogramm pro Kopf, was
deutlich über dem EU -Durchschnitt von 18,9 Kilogramm liegt.
Abgesehen von der erfolgreichen Werbung gibt es aber noch einen viel gravierenderen
Grund, warum die Schweizer so viel heimischen Käse essen: Sie sehen sich als Hüter ih-
res Landes, seiner Traditionen und all der Dinge, die es hervorbringt. Jedes Schweizer
Produkt, ob frisches Obst oder handgeschnitztes Holzspielzeug, ist daher immer deutlich
als solches gekennzeichnet. Bauern, Hersteller und Einzelhändler wissen, dass sich das
verkaufsfördernd auswirkt. Auch wenn Schweizer Erdbeeren oder Kirschen doppelt so
viel kosten wie spanische, werden Schweizer in der Saison nur das Schweizer Obst kau-
fen. Dasselbe gilt für Käse. Für einen Schweizer ist es unverständlich, dass man ein Pro-
dukt aus Frankreich oder Großbritannien isst, wenn man auch ein Erzeugnis aus der Re-
gion bekommt.
Und genau das ist der Punkt. Die Schweiz ist klein, und ebenso sind es ihre Städte, nie-
mand lebt also weit vom Land entfernt, wo all das in Hülle und Fülle erzeugt und die
Tradition hochgehalten wird. Im tiefsten Herzen ist jeder Schweizer ein Bauernkind ge-
blieben, auch wenn er in Zürich geboren und aufgewachsen ist. Ein paar Städter mögen
sich ja über Schönheitswettbewerbe für Kühe und Jodelwettkämpfe lustig machen, aber
das gehört nun mal zum Landleben dazu. Und selbst Schweizer, die so etwas verächtlich
abtun, dürften sich insgeheim darüber freuen, dass es solche Traditionen noch gibt. Sie
machen die Schweiz zu dem, was sie ist, und von allen anderen Ländern unterscheidbar.
Und darauf wiederum ist jeder Schweizer ungeheuer stolz, und zwar zu Recht.
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