Travel Reference
In-Depth Information
Der echte Schweizer Käse
In der Schweiz gibt es zwei Supermarktketten, die zusammen fast 90 Prozent aller Schwei-
zer Lebensmittel vermarkten. Zwar haben inzwischen auch deutsche Discounter hier Filia-
len eröffnet und knabbern an den Marktanteilen, aber die meisten Schweizer bleiben dem
treu, was sie kennen und wem sie vertrauen (insbesondere wenn die Konkurrenz aus
Deutschland stammt). Und das sind Coop und Migros. Coop ist die schickere Supermarkt-
kette und unterscheidet sich von seinem billigeren, bodenständigeren Konkurrenten vor al-
lem durch zwei Dinge. Erstens kann man im Coop auch Alkohol und Tabakwaren kaufen.
Ein britischer Supermarkt könnte ohne seine zehn Regalreihen mit Wein, Whisky und
Bier und den obligatorischen Kippen an der Kasse kaum überleben, aber Migros gelingt es.
Und zweitens hat Migros viele Hausmarken anstelle der international erhältlichen Pro-
duktpalette und bietet lokale Erzeugnisse an (die Aufkleber auf den Milchflaschen verra-
ten einem sogar den Namen der Molkerei). Im Coop dagegen sind die Regale randvoll mit
bekannten Marken wie Coca-Cola, Del Monte, Pringles, Persil, Mars et cetera.
Aber mal abgesehen von den Markenprodukten: Eines Tages war ich im Coop, weil ich
für eine Abendeinladung noch etwas Käse besorgen wollte, denn in der Schweiz wird zwi-
schen Hauptgang und Dessert oft eine Käseplatte gereicht. Nachdem ich im Zickzack die
verschiedenen Gänge abgegrast und mich dabei kurz über die vielen verschiedenen Mües-
lisorten gewundert hatte (28!), entdeckte ich die Käsetheke. Und da lagen sie, all die ver-
schiedenen Schweizer Käse. Harte, weiche, mit Löchern und ohne, aus Kuh- und aus Zie-
genmilch, rund und keilförmig. Das reinste Mäuseparadies. Als das Mädchen hinter der
Theke mir einen Würfel an einem Zahnstocher zum Probieren anbot, zögerte ich zuerst,
wagte es dann aber doch, wenn auch mehr aus Höflichkeit. Ich steckte den Käsewürfel in
den Mund.
Oh. Mein Gott. Keine Spur von Knetmasse oder diesem allzu milden Geschmack, den
man kaum wahrnimmt und den ich hasse. Meine Geschmacksknospen blühten auf, als sie
den festen und dennoch cremigen Käse mit würzigem Aroma und einer Spur von Kräutern
zu schmecken bekamen. In meiner Naivität glaubte ich, ich hätte etwas ganz Besonderes
entdeckt. Aber natürlich kannten meine Schweizer Essensgäste den Käse bestens, schließ-
lich aßen sie seit Jahrhunderten Appenzeller. Sie waren allerdings so höflich, mich meine
Entdeckung genießen zu lassen. Seither frage ich mich, warum man im Ausland vor allem
Emmentaler und Gruyère als Schweizer Käse kennt.
Search WWH ::




Custom Search