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Nein heißt nein
Mit wenigen Ausnahmen, etwa Baby Bel oder Handkäse, tragen Käse die Namen ihres
Herstellungsorts: Roquefort, Cheddar, Edamer, Gorgonzola. Im Gegensatz dazu ist das Em-
mental kein Ort, sondern ein hügeliges Gebiet im Berner Mittelland, durch das die Emme
fließt. Man muss sich also zuerst kundig machen, welche Orte es dort gibt, bevor man in
den Zug steigt, denn Emmental wird man vergeblich auf dem Fahrplan suchen. Zwar sieht
die Fahrt dorthin auf der Karte nach einem Katzensprung aus, es liegt nur etwa 30 Kilome-
ter östlich von Bern, doch es gibt keinen Anhaltspunkt, wo man mit seinen Nachforschun-
gen am besten beginnt. Auch ein Besuch in der Berner Touristeninformation ist weniger
aufschlussreich als erhofft. Als ich darum bitte, mir einige Infos zum Emmental - dem
möglicherweise berühmtesten Tal weit und breit - zu geben, ernte ich nur bedauerndes
Kopfschütteln und ein entschuldigendes Lächeln.
»Es ist zu weit weg«, erklärt mir der Mann.
Das verschlägt mir die Sprache. »Aber es gehört zum Kanton Bern«, stammle ich, »und
ist richtig berühmt. Es müssen sich schon massenhaft Leute danach erkundigt haben.«
Er nickt. »Hin und wieder.«
Das heißt wahrscheinlich tagtäglich. Die meisten Schweizer neigen zur Untertreibung,
ob es um ihr Vermögen oder die winterlichen Temperaturen geht. Wenn jemand behaup-
tet, er könne ein bisschen Englisch, spricht er es vermutlich fließend; wenn von ein paar
Leuten im Geschäft die Rede ist, heißt das, es war rappelvoll. Die Schweizer preisen auch
nichts überschwänglich an, am wenigsten sich selbst. Trotz dieses Vorwissens hatte ich an-
genommen, dass ich in der Berner Touristeninformation etwas über andere Orte im selben
Kanton erfahren könnte. Schließlich geht es um ein Gebiet direkt vor der Haustür, das
jährlich bestimmt Tausende von Besuchern anzieht. Würde man mir denn in Dresden jede
Auskunft über die Sächsische Schweiz verweigern?
Angesichts meiner ungläubigen Miene sieht sich der Mann zu einer Erklärung genötigt.
»Wir haben nicht genug Platz.« Seine Stimme hallt in dem riesigen Raum wider, in dem
wir uns befinden. »Den benötigen wir für die anderen Gebiete der Schweiz. Als Bundes-
hauptstadt müssen wir auch Broschüren über das Tessin und Genf vorhalten.«
So höflich er ist, hier komme ich nicht weiter. In der Schweiz bleibt ein Nein immer ein
Nein, es ist nie ein verkapptes Ja oder ein Vielleicht, so wie auch ein Ja nie ein höfliches
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