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Was ist ein Name?
Wie Swatch, Rolex, Omega - und ja auch Girard-Perregaux - belegen, geht es in der
Schweizer Uhrenindustrie um Markennamen. Ihr Erfolg beruht auf deren Ruf, der Qualität
und Zuverlässigkeit verspricht. Wer man ist, spielt dabei eine ebenso große Rolle wie das,
was man macht, selbst wenn man auf dem Massenmarkt noch nie von der Marke gehört
hat. Der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH listet auf seiner Website 208
Marken auf, wobei viele vermutlich auch den meisten Schweizern unbekannt sind. Ob-
wohl es beispielsweise Juvenia, Glycine und Vulcain seit Jahrzehnten gibt, wette ich, Sie
wären nie darauf gekommen, dass es sich dabei um Uhren handelt. Denn diese Namen
klingen doch eher nach Gesichtscreme oder Science-Fiction-Helden. Vielleicht ist ihre Be-
kanntheit deshalb so gering, vermutlich aber liegt es eher am Preis. Doch auch die recht
britisch auftretende West End Watch Co. war mir neu, obwohl sie seit 1886 existiert - eine
Schweizer Firma, trotz ihres Namens.
Die Schweizer lieben Uhren, zumindest aber Uhrengeschäfte. In fast jedem Städtchen
gibt es eins, wenn auch vielleicht nur für die Touristen. In einem typischen Stadtzentrum
finden sich verblüffend viele Läden mit den folgenden drei Dingen im Angebot: Schuhe,
Brot und Uhren. Man kann keine zehn Meter weit gehen, ohne auf einen dieser Läden
oder gleich alle drei Sortimente zu treffen - sehr praktisch, wenn man zum Abendessen
noch ein Baguette oder ein neues Paar rote Schuhe braucht. Oder wenn man wirklich ein
kleines Vermögen für eine neue Armbanduhr aus dem Fenster werfen will. In dieser Hin-
sicht nämlich unterscheiden sich die Uhrenläden von Bäckereien und Schuhgeschäften:
Man kann dort zwischen 40 und 40 000 Franken ausgeben, als wäre es völlig normal, bei
einem Einkaufbummel ganz nebenbei ein halbes Jahresgehalt auf den Kopf zu hauen.
Noch bizarrer ist, dass Schweizer Städte mit Ausnahme von Zürich nicht groß genug für
eine schicke Einkaufsmeile sind, weshalb sich ein edles Uhrengeschäft oft in fragwürdiger
Nachbarschaft befindet. Beispielsweise geht man in Bern an einem Reformhaus vorbei,
dann an einem Burger King und einem »gut und preiswert«-Tchibo, um anschließend auf
das wirklich todschicke Schmuck- und Uhrengeschäft Gübelin zu stoßen - mit wahren
Kostbarkeiten in der Auslage, die man eher in der Münchner Maximilianstraße oder auf
der Düsseldorfer Kö erwarten würde. Das teuerste Stück ist eine Patek Philippe für einen
Preis, bei dem mir die Kinnlade herunterklappt: 38 500 Franken. Auf dem Schild daneben
steht: »Komplizierte Armbanduhren«, was den astronomischen Preis vielleicht rechtferti-
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