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ternationale Popularität verdankt es amerikanischen GIs, die es nach dem Zweiten Welt-
krieg mit in ihre Heimat nahmen; ohne sie wäre das Schweizer Armeemesser geblieben,
was sein Name sagt, nicht mehr und nicht weniger. Doch seine Kompaktheit und Robust-
heit ließen es zum Inbegriff der Schweizer Design- und Handwerkskunst werden.
Witzig allerdings, dass das Messer, das wir alle kennen und lieben, gar nicht das von
den Schweizer Soldaten benutzte ist. Das 1891 eingeführte ursprüngliche Soldatenmesser
war schwarz und hatte nur vier Werkzeuge, es fehlte etwa der Korkenzieher, der fürs
Überleben nicht unbedingt nötig erschien. Und das neueste Soldatenmesser, das allen
Schweizer Rekruten ausgehändigt wird, ist grün und größer als ein Schweizer Armee-
messer. Und hat immer noch keinen Korkenzieher. Das zu Weltruhm gelangte Taschen-
messer ist das am 12. Juni 1897 patentierte Schweizer Offiziersmesser, das nie zur Ausrüs-
tung gehörte, sondern privat gekauft werden musste. Selbstverständlich war (und ist) ein
Korkenzieher für einen Offizier unentbehrlich, und so hatte dieses Messer von Anfang an
einen.
Taschenmesser waren keine neue Erfindung, aber Elsener veränderte den inneren Auf-
bau, sodass mehr Klingen hinzugefügt werden konnten, ohne den Umfang zu vergrößern.
Das erste Offiziersmesser dient seither als Vorlage für alle Taschenmesser dieser Firma,
wobei in jedem Jahrzehnt neue Funktionen hinzukamen. Jedes nur vorstellbare Werkzeug
wurde seither in ein Schweizer Armeemesser integriert: Nagelfeile, Drahtabisolierer, Lu-
pe, Höhenmesser und als Neuestes ein USB -Stick. Nicht alle haben überdauert. Der
schönste Teil der Ausstellung ist die Vitrine mit den Prototypen, die nie produziert wur-
den. Einer mit einer Minigabel oder einem Kamm wirken ein bisschen albern, der Kartof-
felschäler ist eher amüsant, aber im Vergleich zu dem Bleistiftspitzer wirken sie noch re-
lativ normal. Abgesehen davon, dass damit das Design ruiniert wird (durch die ausladen-
de Wölbung wirkt das Messer irgendwie schwanger), ist ein Spitzer ganz offensichtlich
überflüssig, wenn ein Werkzeug bereits zwei Klingen hat.
Die Messerfertigung findet unter der sorgfältigen Anleitung von Daniela und Joe, zwei
freundlichen Victorinox-Angestellten, statt. An der Werkbank führt mich Daniela gedul-
dig in die Kunst ein, Schritt für Schritt ein Taschenmesser zu bauen. Man fängt mit drei
winzigen Messingstiften und drei noch winzigeren Ringen auf einer Grundplatte an. Da-
ran befestigt man eine Feder und die ersten drei Werkzeuge (Kapselheber, Dosenöffner
und Stech-Bohrahle) und zieht an dem Hebel eines einarmigen Banditen, um alles zu-
sammenzuschieben. Nun gilt es, die Mittelplatte zu positionieren und alles mittels eines
Fußhebels zusammenzupressen. Dann werden eine zweite Feder und die nächsten drei
Werkzeuge befestigt (kleine Klinge, große Klinge, Korkenzieher). Wieder zieht man an
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