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enden, ist in Ordnung. Zwei Schweizer Organisationen, Exit und Dignitas, interpretieren
die Rechtslage so, dass seit den 1980er-Jahren die organisierte Sterbehilfe in der Schweiz
möglich ist. Exit hilft nur Menschen, die in der Schweiz leben, während Dignitas jedem
offensteht. Eine Praxis, die etwas umstritten war, zunächst nur im Ausland, aber dann
auch in der Schweiz.
Bisher sind über hundert Briten und sehr viel mehr Deutsche nach Zürich gereist und
haben eine tödliche Dosis Barbiturate geschluckt, wobei laut Dignitas-Geschäftsführer
Ludwig Minelli zunächst an Dignitas rund 10 000 Franken zur Kostendeckung zu entrich-
ten waren (Dignitas will keine Gewinne erwirtschaften). Dieser »Sterbetourismus«, ins-
besondere von Patienten, die gelähmt, aber nicht unheilbar krank sind, hat die Schweizer
Regierung veranlasst, eine Gesetzesänderung zu fordern. Im Oktober 2009 legte sie zwei
Entwürfe zur Beratung vor. Der einer sah das völlige Verbot vor, der andere strengere Be-
stimmungen, vor allem was den Gesundheitszustand der Patienten betraf. Praktisch zur
selben Zeit wuchs in Großbritannien der öffentliche Druck gegen das Verbot der Sterbe-
hilfe, als der Generalstaatsanwalt neue Richtlinien zu dem Thema herausgab. In beiden
Ländern bahnt sich also eine schrittweise Veränderung an.
Interessant ist, dass die Debatte in der Schweiz weit weniger emotional geführt wird
als in Großbritannien. Man findet hier kaum Zeitungskommentatoren, die mehr Mitge-
fühl mit ihrem Haustier zeigen als mit sterbenden Angehörigen. Und ganz gewiss keine
Einschüchterungsversuche durch Männer, die von Gott und nicht vom Volk gewählt
wurden. In vielerlei Hinsicht spielt die Religion in der Schweiz eine große Rolle, aber aus
der Politik halten sich die Kirchen heraus. Man konzentriert sich vielmehr darauf, dass
die Gesetze eingehalten werden (was typisch schweizerisch ist) und dass aus der Sterbe-
hilfe kein Geschäft gemacht wird (was nicht typisch schweizerisch, aber doch sehr ange-
messen ist). Bleibt abzuwarten, in welchem Land die Debatte konstruktiver verläuft.
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