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rung, nur für den Fall, dass Sie versehentlich jemandem das Fenster einschlagen und er
Sie verklagt. Ruinös aber ist die Krankenversicherung, deren Prämien so hoch sind, Ten-
denz steigend, dass sogar Schweizer bei diesem Thema ihre Vorbehalte überwinden und
über Geld reden. Nur die Vereinigten Staaten und Norwegen geben pro Kopf mehr für die
Gesundheit aus. So unglaublich teuer ist das hier.
In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Krankenversicherung wie in Großbritannien
oder Deutschland. Vielmehr muss jeder eine Versicherung abschließen, die die Grundver-
sorgung abdeckt; Bezieher niedriger Einkommen erhalten dafür staatliche Zuschüsse. Al-
le Versicherungen müssen diese Grundversorgung anbieten und dürfen niemanden ab-
weisen, aber die Prämien fallen sehr unterschiedlich aus. Zum Beispiel hatte ich 2010 in
Bern die Qual der Wahl unter 200 Policen, die zwischen 2250 und 5520 Franken pro Jahr
kosten. Da wir uns in der Schweiz befinden, ist die Gesundheitsversorgung Kantonalan-
gelegenheit, und in jedem Kanton gelten andere Prämien, sodass man durch einen Um-
zug manchmal fast die Hälfte sparen kann. Als Bewohner von Appenzell haben Sie noch
auf dem OP -Tisch gut lachen, als Basler bluten Sie für einen kleineren Eingriff vielleicht
bis an ihr Lebensende.
Leider wirken sich die hohen Versicherungsprämien nicht gerade kostendämpfend aus.
Jeder Arztbesuch wird minutenweise abgerechnet, und Medikamente kosten mehr als im
Ausland, obwohl die meisten in der Schweiz hergestellt werden. Anders als in Amerika
oder England bekommt man auch einfache Arzneimittel wie Aspirin nicht im Super-
markt, man muss sogar dafür den Apotheker aufsuchen. Kein Wunder, dass es jede Men-
ge Apotheken gibt: Wenn ich zu Fuß zur Arbeit gehe, komme ich innerhalb von zehn Mi-
nuten an sieben vorbei, obwohl mein Weg nicht durchs Stadtzentrum führt. Als Englän-
der fühlt man sich von einer Schweizer Apotheke ein bisschen eingeschüchtert, weil alles
hinter der Ladentheke in Schubladen und Schränken verstaut ist. Selbst die einfachsten
Dinge muss man bei der Verkäuferin im weißen Kittel verlangen und dann versuchen,
nicht ohnmächtig zu werden, wenn für sieben Kopfschmerztabletten sieben Franken be-
rechnet werden. Das reicht eigentlich für eine Migräneattacke.
Das amerikanische Gesundheitssystem, das vielfach durch Abwesenheit glänzt, macht
international Schlagzeilen, doch für das Schweizer Gesundheitswesen interessiert sich
niemand. Außer bei einem Thema: Sterbehilfe. Die Unterstützung beim selbstbestimmten
Abschied aus dem Leben ist in der Schweiz nicht strafbar, solange der Helfer weder Arzt
ist noch ein persönliches Interesse am Ableben des Sterbewilligen hat. Großtante Hilde-
gard ins Jenseits zu befördern, um an ihr Geld ranzukommen, ist also nicht erlaubt, aber
die ehrenamtliche Unterstützung eines Fremden, der beschlossen hat, sein Leiden zu be-
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