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schaftszweig, doch die meisten dieser Banken werden weder in Schlagzeilen noch in Ro-
manen erwähnt; sie führen ganz einfach nur die Sparkonten der Bevölkerung, und davon
besitzt jeder Schweizer im Durchschnitt drei. Aber wenn Sie Sakrileg lesen oder einen
James-Bond-Film anschauen, könnten Sie zu dem Schluss gelangen, dass es bei Schweizer
Banken nur Nummernkonten gibt, auf denen unrechtmäßig erworbene Gelder lagern,
und Schließfächer, die seit Langem verschollene Schätze bergen. Schweizer Banken tau-
chen mit vorhersehbarer Regelmäßigkeit in Büchern und Filmen auf, sodass Ausländer
glauben, alles drehe sich hier um Heimlichtuerei, während es den Schweizern um Privat-
sphäre geht. Man könnte meinen, das sei dasselbe. Ist es aber nicht. Die Banken sind in
vieler Hinsicht ein Spiegelbild der Schweizer Gesellschaft: Hier wie dort gibt es einen
Vertrauensvorschuss, man geht davon aus, dass jeder das Richtige tut, man dringt nie-
mals in die Privatsphäre ein oder unterstellt dem anderen Unredlichkeit.
Schweizer Banken gelten als Teil der Gemeinschaft, der in unsicheren Zeiten Zuflucht
bieten und Stabilität garantieren soll. Das hat sie von jeher für Ausländer attraktiv ge-
macht, lange bevor das Bankgeheimnis von Rechts wegen geschützt wurde. Das Ge-
schäftsethos britischer und amerikanischer Banken hat sich hingegen schon vor langer
Zeit in Richtung Geldverdienen und Risikobereitschaft verlagert, um den Bankern und
der Wirtschaft zu größerem Reichtum zu verhelfen. Eine solche Haltung ist zwar durch
und durch unschweizerisch, aber die beiden großen Schweizer Banken wurden in den
Wirbelwind der Profitgier hineingezogen und bezahlen nun den Preis. Den Sturzflug der
UBS beobachten zu müssen war für die Schweizer nicht nur eine nationale Demütigung,
sondern zeigte auch auf, wie eine Bank den Vertrauenspakt mit den Menschen gebrochen
hatte. Geld kann rasch wieder verdient werden, Vertrauen wiederaufzubauen dauert sehr
viel länger.
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