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Kasten 1.10 Cyanidkatastrophe in Rumänien
Am 30. Januar 2000 spät abends brach bei Tauwetter und nach
heftigem Regen der Damm des Schlammteichs der Goldmine
in Baia Mare (Rumänien). Dabei ergossen sich 100 000 m 3 mit
Schwermetallen und etwa 100 t Cyaniden kontaminiertes
Wasser über das angrenzende Gebiet zum Fluss Someş und
gelangten über die Theiß in die Donau. Mehrere Tausend
Tonnen verendeter Fische trieben auf den Flüssen, in manchen
Abschnitten der Theiß starben schlagartig nahezu alle Lebens-
wesen. Einige Brunnen waren kontaminiert und in mehreren
Städten gab es tagelang keine Versorgung mit Trinkwasser.
Erst Jahre später begann sich das Ökosystem der Flüsse zu
erholen. Hinzu kommt, dass sich seither große Mengen an
Schwermetallen im Boden befinden.
der Mine Los Frailes im spanischen Aznalcóllar ergossen sich am
25. April 1998 zwischen fünf und sieben Millionen Kubikmeter
giftigen Schlamms. Noch katastrophaler war der Dammbruch im
rumänischen Baia Mare, bei dem große Mengen Cyanide freige-
setzt wurden (siehe 7 Kasten 1.10 ).
Aus Gruben austretendes Wasser sorgt für weniger Aufmerk-
samkeit. Vor allem in Sulfidlagerstätten und beim Abbau von
sulfidhaltiger Kohle entstehen durch die Verwitterung der Sul-
fide stark saure und toxische Grubenwässer mit hohen Metall-
konzentrationen (engl. acid mine drainage ). In einigen Fällen
enthalten sie auch gefährliche Stoffe wie Arsen und Kadmium in
hohen Konzentrationen. Mit verursacht werden diese Lösungen
von Mikroorganismen, die Eisen(II) und Schwefel oxidieren und
somit Sulfide auflösen und Schwefelsäure produzieren. Diese
Lösungen können aus Halden oder Tailings sickern. Bei den
Gruben selbst tritt das Problem vor allem dann auf, wenn sie
stillgelegt und mit Wasser vollgelaufenen ist. Das saure Gruben-
wasser kann über alte Stollen austreten oder durch den Unter-
grund sickern. In alten Tagebauen bildet sich oft ein saurer und
giftiger See. Ein Beispiel ist der Berkeley Pit von Butte (Montana,
USA), in dem 1995 ein ganzer Schwarm Schneegänse, der auf
dem Wasser gelandet war, an Vergiftungen und Verätzungen ver-
endete. Auch im Iberischen Pyritgürtel ( 7 Abschn. 4.16.4 ) gibt es
extrem saure Seen (Sánchez-España et al. 2008). Bekannter ist
der dortige Fluss Rio Tinto ( . Abb. 1.40 ), der ebenfalls sauer und
mit Schwermetallen kontaminiert ist. Seine Fracht stammt von
der gleichnamigen VMS-Lagerstätte, in der seit der Bronzezeit
Bergbau betrieben wird. Das Bett solcher Wasserläufe hat meist
eine auffallend rote oder gelbe Farbe, weil eine Verdünnung mit
Frischwasser oder eine Neutralisation durch Karbonate zu einem
Ausfällen von Eisenhydroxiden führt, was natürlich ebenfalls
das Ökosystem stört. Wie extrem die Zusammensetzung von
Grubenwasser werden kann, zeigt eine Probe aus einer Grube
von Iron Mountain (Kalifornien) mit einem negativen pH von
-3,6 und einem Metallgehalt von 200 g/l (Nordstrom et al. 2000).
Zur Sanierung ist es möglich, saures Grubenwasser durch Zu-
gabe von CaO oder anderen Stoffen zu neutralisieren, die Metalle
werden dabei ausgefällt. Es gibt auch Versuche, dabei ökono-
misch interessante Metalle profitabel zu gewinnen.
Ebenfalls wichtig sind die Arbeitsbedingungen im Bergwerk.
Die Standards, was Arbeitssicherheit und Gesundheit angeht,
sind sehr unterschiedlich, in vielen Ländern haben Bergleute
eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Im schlimmsten Fall
werden tödliche Arbeitsunfälle in Kauf genommen.
Ethisch bedenklich sind Rohstoffe aus Kriegsgebieten. Insbe-
sondere Coltan ( 7 Kasten 3.14 ), Gold und Diamanten ermöglich-
ten es im Kongo und anderen Krisengebieten den Bürgerkriegs-
parteien, den Krieg zu finanzieren. Das führte nicht nur zu hef-
tigen Kämpfen um profitable Minen, sondern auch zur Ausbeu-
tung durch Zwangsarbeit. Inzwischen versucht man, solche
Rohstoffe durch ein System von Zertifikaten vom Markt auszu-
schließen. Das 2010 in den USA verabschiedete Dodd-Frank-
Gesetz schreibt vor, dass Unternehmen eine »saubere« Herkunft
ihrer Rohstoffe nachweisen müssen.
1.15
Aufbereitung
Nur selten ist die Qualität des Erzes so hoch, dass es direkt ver-
hüttet werden kann. Daher versucht man zunächst, mit geeigne-
ten Methoden die unbrauchbaren Teile abzutrennen und ein
Erzkonzentrat herzustellen. Bei polymetallischen Erzen sollen
dabei die jeweiligen Metalle in verschiedenen Erzkonzentraten
angereichert werden. Die Aufbereitung findet üblicherweise in
der Nähe des Bergwerks statt, während die anschließende Ver-
hüttung oft an einem anderen Ort von anderen Firmen durchge-
führt wird.
Abb. 1.40 Der Fluss Rio Tinto (Spanien) ist stark sauer (pH bei etwa
2) und enthält gelöste Metalle in so hohen Konzentrationen, dass
diese sogar aus dem Wasser gewonnen werden können. Unter
diesen Bedingungen können im Wasser nur spezielle Mikroorganis-
men überleben, die Böden der Umgebung sind mit Schwermetallen
kontaminiert. © Riotinto2006 / Wikimedia.
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