Geology Reference
In-Depth Information
Kasten 6.5
Abiotische Kohlenwasserstoffe
Heute gehen so gut wie alle Forscher davon aus, dass Erdöl und
Erdgas auf Biomasse zurückgehen. Daher klingt es vielleicht
absurd, dass in der Sowjetunion die Lehrmeinung herrschte, die
Kohlenwasserstoffe entstünden abiotisch (Glasby 2006) durch
Fischer-Tropsch-Synthese (
nat (Magnesit) und CO 2 , manchmal als Diamant, aber nur in
Spuren als Methan vor. Mit einem Bohrprogramm in einem
Meteoritenkrater in Schweden hoffte Gold, auf eindeutig aus
dem Mantel stammende Kohlenwasserstoffe zu treffen. Dabei
kamen tatsächlich winzige Mengen an Öl zutage, aber die Her-
kunft aus dem Mantel wurde von anderen Forschern bezweifelt.
Tatsächlich ist die biogene Entstehung im Fall der ökonomisch
interessanten Vorkommen deutlich plausibler (Glasby 2006,
Sephton & Hazen 2013), was leider auch der Theorie eines
ständigen Wiederauffüllens der Reservoire widerspricht. Die
häufige Assoziation mit Scherzonen und Gräben dürfte eher
daran liegen, dass dort der hohe geothermische Gradient vor-
teilhaft für die Ölentstehung sein kann und dass Verwerfungen
sowohl Pfade für die Migration als auch Fallen bilden können.
Auch sind bei fast allen großen Lagerstätten entsprechende
Muttergesteine bekannt, Sedimente mit hohem Gehalt an
organischen Substanzen. Das gilt auch für viele Vorkommen in
magmatischen Gesteinen (Schutter 2003). Im Fall von Flutbasal-
ten sind das beispielsweise Sedimente von Seen, die durch die
Lavaströme aufgestaut worden sind.
Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch abiotisch Kohlen-
wasserstoffe entstehen können. So enthalten die Fluide an
manchen submarinen heißen Quellen Methan und andere
Kohlenwasserstoffe (Proskurowski etal. 2008, Foustoukos &
Seyfried 2004). Offensichtlich spielt hier die Hydratisierung von
Peridotit des Erdmantels zu Serpentinit eine wichtige Rolle.
Zum einen entsteht dabei H 2 , das mit CO 2 in einer Fischer-
Tropsch-Synthese reagieren kann, zum anderen sind die chrom-
reichen Minerale des Mantels geeignete Katalysatoren. Auch
aus manchen basischen und ultrabasischen Magmatiten sowie
aus Agpaiten (
Kasten 6.3). Demnach seien CO 2
und H 2 im Erdmantel das Ausgangsmaterial, aus dem katalytisch
von Mineraloberflächen unterstützt Methan und auch höhere
Kohlenwasserstoffe entstehen. Diese würden kontinuierlich
entlang von Verwerfungen aufsteigen, was Reservoirs ständig
nachfülle. Ein Argument war, dass Kohlenwasserstoffe tat-
sächlich auch in magmatischen und metamorphen Gesteinen
zu finden sind, wenn auch nur selten in großer Menge. Man
konnte sich nicht vorstellen, dass diese aus Sedimentgesteinen
in das Grundgebirge migriert sind. Auch Vorkommen in Graben-
systemen und an tiefen Scherzonen wurden als Argument
angeführt. Und thermodynamische Überlegungen zeigen, dass
diese Reaktion durchaus möglich ist. Im Westen wurde diese
Theorie weitgehend ignoriert, man muss allerdings anmerken,
dass damals auch die Theorie eines biogenen Ursprungs viele
Fragen nicht erklären konnte, zu wenig hatte man die Prozesse
verstanden.
Im Westen gab es Jahrzehnte später mit dem Astrophysiker
Thomas Gold einen prominenten Verfechter eines abiotischen
Ursprungs. Er ging von der Erkenntnis aus, dass Methan im
Sonnensystem alles andere als ein seltener Stoff ist. Die großen
Gasplaneten enthalten sehr viel Methan und selbst manche
Meteorite, die kohligen Chondrite, enthalten etwas Methan
und sogar Spuren höherer Kohlenwasserstoffe. Einen biogenen
Ursprung kann man hier natürlich ausschließen. Gold meinte
daher, dass seit der Entstehung der Erde Methan in großer
Menge im Erdmantel vorhanden sei und kontinuierlich entgase.
Die größeren Moleküle könnten daraus durch Fischer-Tropsch-
Synthese entstehen. Allerdings ist der Erdmantel zwar ver-
gleichsweise reduziert, aber nicht so reduziert, dass Methan
stabil wäre. Kohlenstoff kommt im Mantel vor allem als Karbo-
7
Abschn. 3.11) sind in kleiner Menge abiotische
Kohlenwasserstoffe bekannt. Die völlig andere Isotopenzu-
sammensetzung zeigt aber, dass bei den ökonomischen Lager-
stätten der abiotische Anteil nicht einmal im Promillebereich
liegen kann.
7
wieder abgebaut werden. Der Gehalt an organischen Substanzen
im Sediment wird als »gesamter organischer Kohlenstoff« ( total
organic carbon , TOC) angegeben. In Schwarzschiefer kann dieser
mehr als 20 % betragen, in einem normalen Tonstein durch-
schnittlich 2 %, in Karbonatgesteinen im Mittel 0,3 % (in man-
chen feinkörnigen Karbonaten aber mehrere Prozent) und in
Sandsteinen nur 0,05 %. Ein Gestein mit mehr als 0,5 % ist bereits
ein Kandidat für ein Muttergestein. Wichtig sind Schwarzschie-
fer, Tonsteine und manche feinkörnige Karbonate.
Sobald unser Sediment überlagert wird, beginnt die Diage-
nese. Für das Sediment selbst bedeutet das Kompaktion, das Aus-
pressen von Wasser und die Zementation durch in den Poren neu
gebildete Minerale. In den Poren lebende anoxische Archaeen
können organische Moleküle abbauen und dadurch Methan,
Wasser und Kohlendioxid freisetzen. In der Regel entweicht das
Gas einfach. In seltenen Fällen, beispielsweise im nördlichen
Westsibirien, scheint dieses biogene Methan einen wichtigen
Beitrag zu großen Erdgasvorkommen geliefert zu haben, wie die
sehr leichte Kohlenstoffisotopen-Signatur zeigt. Die organischen
Moleküle reagieren während der frühen Diagenese aber auch
untereinander. Es bilden sich sehr große Moleküle, die in organi-
schen Lösungsmitteln nicht löslich sind und als Kerogen be-
zeichnet werden (Bitumen ist der Anteil, der in organischen Lö-
sungsmitteln löslich ist). Je nachdem, welche Organismen zur
sedimentierten organischen Substanz beigetragen haben, hat das
Kerogen unterschiedliche Anteile an Wasserstoff, Stickstoff und
Schwefel. Man unterscheidet vier Typen :
Typ-1-Kerogen: Bildet sich in Meeren und Seen vor allem aus
Algen und Bakterien. Hat einen vergleichsweise hohen Gehalt an
Lipiden und ein sehr hohes Potenzial zur Bildung von Erdöl,
bildet wenig Gas. Dieser Typ ist relativ selten, manche Ölschiefer
wären zu nennen.
Typ-2-Kerogen: Das typische marine Kerogen bei anoxischer
Sedimentation. Überwiegend aus Phytoplankton und Zooplank-
Search WWH ::




Custom Search