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Kasten 6.1 Das frühe Ölzeitalter
Das Öl, das zu Beginn der Industrialisierung in Lampen ver-
brannt und in Fabriken als Schmiermittel verwendet wurde,
hatte nichts mit Geologie zu tun, sondern mit Walen. Einige
Länder unterhielten große Flotten, um die Meeressäuger zu
jagen, das Öl wurde aus dem Walspeck ausgekocht, die Barten
zu Korsetts verarbeitet. Die wichtigste Energiequelle war
hingegen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts unangefochten
Kohle. Die Erfindung der Dampfmaschine machte es nicht nur
möglich, damit Maschinen in Bewegung zu setzen, die Kohle
konnte durch die folgende Entwicklung der Eisenbahn auch
leicht transportiert werden.
Als Beginn des »Ölzeitalters« wird häufig der 1859 von Edwin
Drake in Pennsylvania (USA) im Auftrag einer kleinen Firma ge-
bohrte 25 m tiefe Brunnen angegeben, aus dem täglich knapp
zehn Barrel sprudelten. In den folgenden Jahren gab es in den
USA einen ersten Ölboom, in mehreren Bundesstaaten wurden
unzählige weitere Brunnen gebohrt (
vor allem aus per Hand gegrabenen Gruben geschöpft. Zum
Teil stieß man auch versehentlich bei der Suche nach Salz oder
Wasser auf Erdöl.
Das Öl von Aserbaidschan hat schon Marco Polo beschrieben.
Es sei zwar ungenießbar, schreibt er, brenne aber gut und helfe
als Salbe gegen Krätze und die Furunkel der Kamele. Hier war
es auch, als 1846 ein russischer Ingenieur mit einem Schlag-
bohrer erstmals erfolgreich danach bohrte, ein Jahrzehnt vor
Drake. Der Boom von Baku folgte ab 1872 mit unzähligen Bohr-
türmen und Destillerien, in den folgenden Jahrzehnten kam
jeweils etwa die Hälfte der Weltproduktion aus Aserbaidschan
und den USA. Ludvig und Robert Nobel, die Brüder des Nobel-
preisstifters, waren gerade zufällig im richtigen Moment in
Baku, eigentlich auf der Suche nach günstigem Nussholz für die
Gewehrproduktion. Stattdessen gründeten sie eine große Öl-
firma und erfanden die Pipeline und den Tanker. Anfang des
20. Jahrhunderts schüttete man kurzerhand die Bucht des Vor-
orts Bibi Eibat auf, weil man noch nicht offshore bohren konnte.
Gerade als die Glühbirne das Lampenöl verdrängte, kam mit
dem Auto ein neues Produkt auf, mit dem der Bedarf an Rohöl
rapide stieg. Und in aller Welt kamen weitere produktive
Ölfelder hinzu, auf Sumatra, in Persien, Peru, Venezuela und
Mexiko. Inzwischen fand man Öl nicht nur zufällig, sondern
durch detaillierte Kartierungen und die Analyse geologischer
Strukturen. Nach dem Ersten Weltkrieg folgten bedeutende
Funde in der arabischen Welt und die Bohrtechnologie wurde
so weit entwickelt, dass bereits 3000 m tiefe Brunnen möglich
waren. Die erste Offshorebohrung erfolgte 1924 von einer
Holzplattform bei Baku. Die systematische Erschließung
von Offshorefeldern begann aber weltweit erst in den 1950er-
Jahren.
Abb. 6.1). Destillerien
verarbeiteten das Rohöl zu Lampenöl, das Walöl vom Markt ver-
drängte. Der umtriebigste Destilleriebetreiber war Rockefeller,
der mit der Standard Oil Company die erste große Ölfirma
gründete. Innerhalb eines Jahrzehnts stieg die Jahresförderung
in den USA auf fünf Millionen Barrel. Das klingt viel und das Öl
wurde tatsächlich in Fässern transportiert. Im Vergleich zu heute
ist das natürlich wenig: Derzeit beträgt der weltweite Verbrauch
3,7 Millionen Barrel pro Stunde.
Erdöl ist allerdings schon seit Langem bekannt. In Ostasien
und im Nahen Osten wurde es schon früh als Brennstoff und
Medikament benutzt und auch in Pechelbronn (Elsass), in
der Lüneburger Heide in Wietze bei Celle, in Galizien (Polen)
und vielen anderen Teilen der Welt wurde lange vor Drake Öl
gewonnen. Neben Öl von natürlichen Ölaustritten wurde es
.
Abb. 6.1 Bohrtürme im Midway Oil Field, Kalifornien, im Jahr 1910. © W. C. Mendenhall, USGS.
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