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Kasten 4.28
Rammelsberg
Im Rammelsberg im Harz (Large & Walcher 1999, Liessmann
2010), etwas südlich von Goslar, wurde mehr als tausend Jahre
lang fast kontinuierlich Bergbau betrieben (
»Alte Lager« war. Zudem kamen zunehmend Maschinen zum
Einsatz. In der Nazizeit ermöglichten eine neue Aufbereitungs-
anlage, ein neuer Schacht und der Einsatz von Zwangsar-
beitern eine weitere Steigerung der Produktion. Inzwischen
wurden auch Zink, Gold und Baryt gewonnen. Nach dem Krieg
folgten um 1960 die Rekordjahre mit bis zu 320 000 t pro Jahr,
bis die Lagerstätte vollständig erschöpft war und der Abbau
1988 eingestellt werden musste.
Die knapp 30 Mt Erz hatten einen ungewöhnlich hohen Erz-
grad: 14 % Zink, 6 % Blei, 2 % Kupfer, 140 g/t Silber, 1 g/t Gold
und 20 % Baryt. Massive Sulfide wurden als »Lagererz« be-
zeichnet und Wechsellagerungen aus Erzmineralen mit Ton-
schiefer und Karbonat als »Banderz«. Auch die Reste einer Art
Stockwerkzone waren erhalten, die hier von den Bergleuten
»Kniest« genannt wurde.
Die Sulfide wurden im Devon exhalativ an Quellen am Meeres-
boden abgelagert. Diese befanden sich auf dem erst kurz zu-
vor durch das Aufreißen eines neuen Ozeans entstandenen
Kontinentalschelf des Rhenoherzynischen Terrans, und zwar
an einer aktiven Abschiebung am Rand des damaligen Gosla-
rer Trogs, der gleichzeitig mit Tonmineralen (Schwarzschiefer)
gefüllt wurde. Etwas später wurden die Sedimente von der
variszischen Gebirgsbildung erfasst und zu einer großen Falte
zusammengeklappt. Die Erzkörper bilden den Kern dieser
Falte, zum größten Teil im überkippten Schenkel und damit
quasi auf dem Kopf liegend. Die tiefsten Bereiche des Neuen
Lagers sind durch die Faltung auf die doppelte Dicke überei-
nandergelegt.
Etwa gleichzeitig mit dem Rammelsberg entstand auf demsel-
ben Kontinentalschelf eine zweite SEDEX-Lagerstätte, Meggen
.
Abb. 4.73,
.
Abb. 4.74). Wahrscheinlich begann der sporadische Abbau
von Kupfererz schon in der Bronzezeit. Im frühen Mittelalter
wurde offensichtlich an Verhüttungsplätzen im Harz ab dem
4. Jahrhundert Erz vom Rammelsberg zu Kupfer verarbeitet,
lange vor der ersten schriftlichen Erwähnung im Jahr 968.
Im Mittelalter war auch das Silber gefragt, aus dem Kupfer
wurden viele berühmte Bronzekunstwerke der Romanik ge-
fertigt. Nach heutigen Maßstäben wäre der Rammelsberg
allerdings eine Blei-Zink-Lagerstätte, mit Kupfer, Silber und
Gold als Nebenprodukten.
Anfangs gehörte die Grube dem Kaiser und bildete eine der
wichtigsten Einahmequellen des Reiches. Später gelangte sie
in die Hand der Herzoge von Braunschweig, die wiederum die
Rechte an die Stadt Goslar vergaben. Damals handelte es sich
noch um eine Vielzahl kleiner per Hand mit Schlägel und Eisen
gegrabener Pingen und Stollen innerhalb der mit Kupfer und
Silber angereicherten Oxidationszone. In den folgenden Jahr-
hunderten folgten die primären Sulfiderze, in die mit Feuer-
setzen immer tiefere Schächte und Stollen getrieben wurden.
In den Gruben bildeten sich durch Oxidation zudem Vitrole
(Eisensulfat, Zinksulfat, Kupfersulfat), die in Gerbereien und
Färbereien gebraucht und bis nach Flandern exportiert wur-
den. In der Blütezeit im 16. Jahrhundert wurden bis zu 20 000 t
Erz pro Jahr gefördert, bis es mit dem Dreißigjährigen Krieg zu
einer Pause kam. Ein erneuter Aufschwung erfolgte seit dem
18. Jahrhundert. Im Jahr 1859 entdeckte man einen zweiten
Erzkörper: das »Neue Lager«, das etwa doppelt so groß wie das
Abb. 4.73 Der Rammelsberg bei Goslar mit Förderturm und den Gebäuden der Aufbereitungsanlage. © F. Neukirchen.
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