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Backarc-Becken ausgebildet, wie es weiter südlich am Marianen-
Inselbogen der Fall ist.
4.16.4
Iberischer Pyritgürtel
Gleich acht der 20 größten VMS-Lagerstätten der Erde - Rio
Tinto, Aznalcóllar-Los Frailes, Sotiel-Migollas, Tharsis, La Zarza,
Masa Valverde, Aljustrel und Neves Corvo, alle mit mehr als
100 Mt Erz - befinden sich zusammen mit 44 mittleren und
Hunderten kleinen Vorkommen in einem schmalen Streifen im
Süden von Portugal und Spanien, der als Iberischer Pyritgürtel
bezeichnet wird. Er zieht sich durch die Südportugal-Zone (SPZ),
die ein Teil des längst abgetragenen variszischen Gebirges ist
( . Abb. 4.69 ).
Der Abbau begann bereits in der Kupfersteinzeit und in der
frühen Bronzezeit. In römischer Zeit nahm die Metallproduktion
schon industrielle Züge an, wobei vor allem die angereicherten
und leichter zu verarbeitenden Erze der Oxidationszone abge-
baut wurden. Damals kam etwa die Hälfte der weltweiten Pro-
duktion von Kupfer, Blei und Silber von hier, außerdem auch
Gold. Noch immer liegen in Tharsis, Rio Tinto, Aljustrel und
anderen Revieren einige Millionen Tonnen Schlacken auf Halden
aus römischer Zeit. Nach einigen Jahrhunderten mit geringer
Aktivität folgte ein erneuter Abbau im 19. und 20. Jahrhundert.
Neves Corvo und Masa Valverde wurden sogar erst vor wenigen
Jahrzehnten entdeckt.
Der Iberische Pyritgürtel ist nicht nur ungewöhnlich reich-
haltig, er ist auch auf ungewöhnliche Weise entstanden (Tornos
et al. 2005, Tornos 2006), nämlich bei der schrägen Kollision
eines Minikontinents (der SPZ) mit der Subduktionszone am
Rand eines Kontinents (Ossa-Morena-Zone) während der varis-
zischen Gebirgsbildung ( . Abb. 4.70 ). Das Grundgebirge des
Minikontinents ist uns nicht bekannt, wohl aber 2000 m dicke
Sedimente (Ton- und Sandstein), die vor der Kollision auf dessen
Schelf abgelagert worden sind. Leicht metamorph sind sie die
»Phyllit-Quarzit-Gruppe« der SPZ. Während der schrägen Kol-
lision gegen Ende des Devons wurde der Minikontinent von
unzähligen Seitenverschiebungen zerschnitten und verformt.
Durch lokale Dehnung (Transtension) rissen Pull-apart-Becken
auf, in denen ein bimodaler Vulkanismus mit vorwiegend sauren
Krustenschmelzen (Rhyolith- und Dazitdome und deren pyro-
klastische Ströme und Brekzien) und wenig Basalt einsetzte,
während gleichzeitig Tonstein (und etwas Chert, Jaspis) ab-
gelagert wurde: der »vulkanisch-sedimentäre Komplex« der
SPZ. Das Nebeneinander von Magmatismus und aktiven Seiten-
verschiebungen bildete die perfekte Voraussetzung für eine
starke hydrothermale Aktivität. Vermutlich handelte es sich
um Meerwasser, das Metalle aus den Sedimenten der Phyllit-
Quarzit-Gruppe ausgelaugt hatte, wobei eventuell noch ein
Beitrag von magmatischen Fluiden dazukam, dessen Bedeu-
tung  umstritten ist. Wenig später kollidierten die Becken mit
dem Kontinentalrand. Zunächst kam es zur Ablagerung von
Hangrutschungen (Turbidite und Flysch, die »Kulm-Gruppe«
der SPZ), bevor der Sedimentstapel an den Rand des Kontinents
»angeklebt« wurde - in dünne Decken zerlegt, welche überein-
ander geschoben wurden. Das passierte noch immer mit einer
Abb. 4.70 Schematische Darstellung der schrägen Kollision des
Südportugal-Terrans mit der Ossa-Morena-Zone. Der Terran wurde
durch Seitenverschiebungen verformt, dabei kam es zu lokaler
Dehnung und zum Aufreißen von Pull-apart-Becken (orange). In
diesen kam es zu Vulkanismus, Sedimentation und zur Entstehung
der VMS-Lagerstätten.
schrägen Richtung, was die ursprüngliche Geometrie durchein-
anderbrachte.
Die Erze befinden sich im vulkanisch-sedimentären Kom-
plex: linsen- oder schichtförmige massive Sulfide sowie Stock-
werkzonen. In den ausgeprägten Oxidationszonen ist Gold ange-
reichert. La Zarza hat mit 170 Mt den größten massiven Erzkör-
per. Typischer sind Cluster aus bis zu sechs Erzkörpern. In Rio
Tinto ( . Abb. 4.71 ) sind es vier Zonen, die zusammen 500 Mt
massive Sulfide und 2000 Mt niedriggradiges Stockwerkerz auf-
weisen, was möglicherweise die größte Ansammlung von Sul-
fiden in der gesamten Erdkruste ist. Der Name leitet sich vom
Rio Tinto her, einem der am stärksten mit Schwermetallen be-
lasteten Flüssen. Sein Wasser ist durch die Verwitterung und
Oxidation von Sulfiden stark sauer (pH 2,3) und rot gefärbt. Die
Lagerstätte gab auch dem multinationalen Bergbaukonzern Rio
Tinto seinen Namen.
Die Erzmenge im Pyritgürtel ist gewaltig, allerdings besteht
das Erz überwiegend aus Pyrit, mit in der Regel nur geringen
Anteilen von Chalkopyrit, Sphalerit und Galenit. Außerdem
kommen in kleinen Mengen Fahlerze, Arsenopyrit, Pyrrhotin
und viele weitere Minerale vor. Eine durchschnittliche Lager-
stätte weist nur 0,85 % Cu, 1,13 % Zn, 0,53 % Pb, 38,5 g/t Ag und
0,8 g/t Au auf, allerdings mit stärker angereicherten Zonen. Ein
paar Lagerstätten haben höhere Erzgrade, wobei Neves Corvo in
jeder Hinsicht herausragt - nicht nur durch die Zonen mit sehr
hohen Gehalten an Kupfer und Zink, sondern vor allem, weil hier
auch Zinn vorkommt, und zwar in großen Mengen in Form von
hochwertigem massivem Kassiterit (und Stannit). Es handelt sich
um eines der größten Zinnvorkommen der Erde. Möglicher-
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