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Kasten 4.21
Glasköpfe, Holzzinn und Schalenblende
Eine Reihe von Erzmineralen kommt häufig in Form fein-
körniger Aggregate vor, deren Gestalt als »traubig-nierig«,
»nierig-kugelig«, »blumenkohlartig« oder »kolloform« um-
schrieben wird. Im Englischen werden die Begriffe » colloform«
oder » botryoidal« verwendet. Dabei handelt es sich um
Klumpen oder Überzüge, die häufig intern gebändert sind und
eine kugelige Oberfläche haben. Sie bedecken typischerweise
Flächen von ein paar Quadratzentimetern oder -dezimetern,
in Ausnahmefällen konnten sie sogar über Hunderte Meter
verfolgt werden.
Die sogenannten Glasköpfe sind vor allem in eisenreichen
hydrothermalen Gängen zu finden. Sie zeichnen sich meist
durch eine stark glänzende oder sogar spiegelnde Ober-
fläche aus. Roter Glaskopf ist kolloformer Hämatit (Fe 2 O 3 ,
.
Sogenanntes Holzzinn ist ein braunes kolloformes Aggregat
von Kassiterit, das in den Zinngängen von Bolivien häufig ist.
In uranhaltigen Gängen bildet Uranoxid (Uraninit oder amor-
phes Uranoxid) typischerweise pechschwarze Überzüge, die
Pechblende genannt werden. Auch Pyrit (»Gelpyrit«) und viele
andere Minerale kommen als kolloforme Aggregate vor.
Früher stellte man sich vor, dass die Körnchen in einer kolloi-
dalen Suspension wuchsen und als solche transportiert
wurden, und dass sich diese Suspension zu einem zähflüssigen
Gel entwickelt hat, das schließlich ausgetrocknet ist.
Inzwischen wissen wir, dass es einfacher geht, eine extreme
Übersättigung der Lösung reicht aus (Roedder 1968). Dabei
kommt es plötzlich zu einer massenhaften Nukleation der
Mineralkörnchen, die so schnell entstehen, dass die Diffusion in
der Lösung nicht Schritt halten kann, was das Wachstum der
Körnchen bremst. Bei einem solchen Ungleichgewicht kommt
es zu einer dynamischen, sich selbst organisierenden Sortie-
rung, die zur feinen Bänderung des Erzes führt. Die extreme
Übersättigung kann durch die Mischung sehr unterschiedlicher
Fluide (Barrie et al. 2009), aber auch durch die Aktivität sulfat-
reduzierender Bakterien (Pfaff et al. 2011) ausgelöst werden.
Abb. 4.49), bei Braunem Glaskopf handelt es sich um Eisen-
hydroxide wie Goethit (FeOOH), bei Schwarzem Glaskopf um
Manganoxide (Pyrolusit, Psilomelan).
Sphalerit (Zinkblende) kommt häufig in Lagen zusammen
mit Wurtzit (ebenfalls ZnS) und Galenit vor, diese Überzüge
werden als Schalenblende bezeichnet (
Abb. 4.50). Beson-
ders häufig ist Schalenblende in MVT-Lagerstätten.
.
Abb. 4.49 Hämatit (Roter Glaskopf ) von Bad Lauterberg (Harz).
© F. Neukirchen / Mineralogische Sammlungen der TU Berlin.
Abb. 4.50 Schalenblende (Sphalerit und Wurtzit), Altenberg
bei Aachen. © F. Neukirchen / Mineralogische Sammlungen der
TU Berlin.
tinentalrand entstanden ist. Wichtiger ist, dass sich der entspre-
chende Kontinentalrand vorher lang genug in heißem Klima
befand, damit Riffe eine mächtige Karbonatplattform aufbauen
konnten.
Die Lagerstätten entstanden generell in der Spätphase der
Gebirgsbildung, und zwar im Vorland, am Rand des Molasse-
beckens, das den abgetragenen Gebirgsschutt aufnimmt. Ver-
mutlich wurde das Wasser im Sedimentbecken durch das
hydraulische Potenzial in Bewegung gesetzt, das die Topografie
des Gebirges und die dortigen Regenfälle aufbauten. Dadurch
kam es im Molassebecken zu einem Wasserstrom vom Gebirge
weg ins Vorland.
Offensichtlich verdampfte im Molassebecken stehendes
Meerwasser bei entsprechend heißem Klima, das angereicherte
Salzwasser sickerte in die Sedimente ein und laugte aus diesen
Metalle aus, die es am Rand des Beckens in den Karbonatgestei-
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