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Anschließend wurde das Gebirge stark gedehnt (Orogenkol-
laps) und es kam zu einem schnellen Aufstieg und einer starken
Erosion. In dieser Zeit entstanden einige winzige Granitintru-
sionen (A-Typ). Sie sind zum Teil sehr fluor- und zinnreich
(»Zinngranite«) und in ihren Dachregionen sind Greisen und
Zinngänge zu finden (Breiter 2012). Im Osterzgebirge befinden
sich diese in den Tuffen eines kurz zuvor ausgebrochenen
Calderavulkans. Im Erzgebirge gibt es aber auch S-Typ-Granite
mit Greisen.
Vermutlich spielen für die weitere Entwicklung die zahl-
reichen Lamprophyrgänge eine wichtige Rolle. Dabei handelt es
sich um ein alkalireiches ultramafisches magmatisches Gestein,
das viel Glimmer enthält. Dieses Magma entstand offensichtlich
durch Aufschmelzen eines metasomatisch stark angereicherten
lithosphärischen Mantels. Die Gänge entstanden in mehreren
Generationen in der Spätphase der variszischen Kollision und
während der anschließenden Dehnung. Gerade in den Bergbau-
revieren mit polymetallischen Gängen sind sie häufig und es
wird vermutet, dass ein guter Teil der später hydrothermal aus-
gefällten Metalle ursprünglich aus den Lamprophyren stammt
(Seifert 2008).
Die polymetallischen Gänge sind durch eine Abfolge unter-
schiedlicher Mineralisierungen entstanden, die zu unterschied-
lichen Zeiten abliefen. Anhand ihres Mineralgehalts (Para-
genese) teilt man sie in verschiedene Gangformationen ein, in
denen man zum Teil wiederum nacheinander mineralisierte
Abfolgen unterscheiden kann (siehe . Tab. 4.2 ). In einem Gang
können mehrere dieser Formationen auftreten. Generell zeigen
die Gänge starke Veränderungen im Erzgrad, Mineral- und
Metallgehalt, sowohl entlang ihrer Länge als auch mit der Tiefe
(Teufenunterschied). Mit der Tiefe nimmt der Silbergehalt ab,
der Uran- und Kobaltgehalt nehmen zu.
Während die Zinngänge noch durch Hydrothermalsysteme
im Zusammenhang mit den Graniten entstanden, gibt es bei
den anschließenden Mineralisierungen wohl keinen direkten
Zusammenhang mit Magmatismus. Durch mehrere Dehnungs-
phasen bildeten sich nacheinander die »kiesig-blendige For-
mation«, die »edle Braunspatformation« und die »Uran-
Quarz-Formation«, die alle noch als spätvariszisch bezeichnet
werden.
Bei noch späteren (postvariszischen) Dehnungsphasen wur-
den weitere Erze gebildet (darunter die Bi-Co-Ni-As-Formation)
und immer wieder ältere Bildungen remobilisiert und an anderer
Stelle ausgefällt. Das passierte insbesondere im Mesozoikum
während des Aufreißens des Atlantiks. Die jüngsten Bildungen
entstanden im Tertiär im Zusammenhang mit dem Egergraben,
der auch für die aktuelle Hebung des Erzgebirges in Form einer
Pultscholle verantwortlich ist.
Der Bergbau wurde im Erzgebirge nach der Wende ein-
gestellt, doch die hohen Rohstoffpreise haben in den letzten
Jahren dazu geführt, dass immer häufiger von einer möglichen
Renaissance geredet wird. Fluorit und Baryt werden seit Kurzem
wieder gewonnen, es könnte aber auch zu einem Abbau von
Zinn, Indium, Lithium, Silber und anderen Metallen kommen
( 7 Kasten 1.8 ).
4.2
Orogene Goldadern
Gold kommt, von den sekundären Seifenlagerstätten ( 7 Abschn.
5.9 ) abgesehen, in erster Linie in Quarzadern und -gängen vor.
Diese sind entweder im Zusammenhang mit Vulkanismus ent-
standen (die epithermalen Goldadern des folgenden Abschnitts)
oder während einer Gebirgsbildung (Orogenese). Orogene Gold-
adern (Groves et al. 1998, 2003, Goldfarb et al. 2001, Bierlein et al.
2006) werden in der älteren Literatur als »mesothermale Gold-
adern« bezeichnet. Im Englischen heißen die größeren Quarz-
gänge » lode « ( . Abb. 4.10 ).
Die Quarzadern und -gänge sind zwischen wenigen Zenti-
metern und wenigen Metern breit und maximal wenige Kilo-
meter lang. Häufig handelt es sich um ganze Systeme von neben-
und hintereinander gestaffelten Gängen ( . Abb. 4.11 ). Die Tiefe,
in der sie entstanden sind, ist sehr variabel, sie reicht durch die
obere und mittlere Kruste, von knapp unter der Erdoberfläche
bis in 15 oder gar 20 km Tiefe. Entsprechend groß ist die Tempe-
raturspanne von 130-700 °C, wobei die meisten im Bereich von
5-10 km und 250-350 °C liegen - etwa an der Grenze zwischen
spröder und plastischer Verformung beziehungsweise knapp
darüber. Sie befinden sich, ihrer Tiefe entsprechend, in meta-
morphen Gesteinen. Am häufigsten sind das Gesteine der Grün-
schieferfazies, aber auch der Subgrünschiefer-, Amphibolit- und
sogar Granulitfazies.
Die Gänge bestehen fast ausschließlich aus Quarz, mit bis zu
15 % Karbonaten und wenigen Prozent Sulfiden (vor allem Pyrit,
Pyrrhotin oder Arsenopyrit). Gediegen Gold ( . Abb. 4.12 ) tritt
in Form winziger Körnchen auf, entweder frei zwischen den
Quarzkörnern (»Freigold«, »Berggold«) oder als Einschlüsse in
den Sulfiden (»unsichtbares Gold«). Selten kommt das »Frei-
gold« auch als größere blech- oder baumförmige Gebilde vor.
Durchschnittlich enthält das Gold rund 10 % Silber, manchmal
aber auch deutlich mehr (Elektrum). Besonders goldreiche Gän-
ge wurden manchmal als »Bonanza« bezeichnet. Davon abgese-
hen können im Einzelfall auch Albit, Glimmer, Chlorit, Scheelit,
Turmalin, Stibnit, Cinnabarit, diverse Gold-Silber-Telluride,
Bismut-, Kobalt-, Uran-, Kupfer-, Blei- oder Zinkminerale in
orogenen Quarzgängen vorkommen - in Abhängigkeit von der
Tiefe. Es gibt auch orogene Quarzadern ohne Gold, relativ häufig
sind zum Beispiel Antimon-Quarzgänge mit Stibnit. Die weitaus
meisten Quarzgänge und -adern enthalten leider keine interes-
santen Minerale.
Die Quarzgänge befinden sich vor allem in den »Scharnie-
ren« ( . Abb. 4.5c ) von seitlich versetzten Segmenten großer Ver-
werfungen und Scherzonen, mit je nach Temperatur spröder
oder plastischer Verformung. Oft sind diese Verwerfungen ur-
sprünglich die Nähte, an denen Terrane an einen Kontinent
»angeklebt« wurden. Es gibt aber auch Beispiele in den Falten-
achsen von stark deformierten Turbiditen (den Ablagerungen
untermeerischer Trübeströme, » turbidite-hosted gold «).
In erster Linie ist bei der Metamorphose von Gesteinen
freigesetztes Wasser für die Bildung der orogenen Quarzgänge
verantwortlich. Bei einer Gebirgsbildung kommt es zur Über-
schiebung von Gesteinsdecken und dabei zu einer deutlichen
Verdickung der Kruste. Die unterschobenen Gesteine befinden
 
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