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Kasten 3.10
Norilsk
Die sibirische Bergbaumetropole Norilsk ist die nördlichste
Großstadt der Welt und zählt zugleich zu den am stärksten
verschmutzten Orten unseres Planeten. Die Geschichte der
Stadt begann in der Zeit Stalins, als Zwangsarbeiter eines
GULAGs die Minen und Hüttenwerke aufbauten, die sich
zum weltgrößten Komplex der Nichteisenmetallindustrie
entwickelten. Die Anlagen geben große Mengen an Schwefel-
dioxid und Schwermetallen an die Atmosphäre ab, was
sich als Smog und saurer Regen auswirkt - in der weiteren
Umgebung wächst kein Baum mehr. Bei SO 2 steht Norilsk an
der unrühmlichen Weltspitze, die Stadt soll für 1 % der welt-
weiten Emission verantwortlich sein. Die Böden weisen extrem
hohe Schwermetallkonzentrationen auf. Stellenweise ent-
halten sie so viel Palladium, dass sich sogar der Abbau lohnen
würde.
Norilsk-Talnakh zählt zu den weltgrößten Lagerstätten von
Nickel, Palladium und Platin und ist auch eine wichtige Kupfer-
lagerstätte. Nebenbei kommen auch Kobalt, Gold, Silber und
andere Metalle vor. Das Pd/Pt-Verhältnis ist ungewöhnlich
hoch, die Lagerstätte enthält etwa viermal mehr Palladium als
Platin.
Die Erze befinden sich nicht in einer typischen Layered Mafic
Intrusion, sondern in relativ kleinen Sills, die sich unter den
Flutbasalten der Sibirischen Trapps (Trias) befinden. Die Sills
werden als Teil des Förderschlotsystems der Flutbasalte ange-
sehen (Naldrett 1992, Lightfoot & Keays 2005). In diesen kam
es zu einer Kontamination des Basaltmagmas mit Evaporiten
und anderen Sedimentgesteinen, was den Schwefelgehalt
des Magmas erhöhte. Aus der Schmelze entmischte Tropfen
aus Sulfidschmelze konnten dabei Nickel, Kupfer und PGE
aus einem großen Schmelzvolumen aufsaugen: Immer wieder
strömte frisches Magma von unten nach, während die Magma-
kammer ständig von Neuem angezapft wurde und deren
Magma an der Oberfläche als Flutbasalt eruptierte. Die Flut-
laven sind entsprechend an diesen Elementen abgereichert.
Die Sulfidschmelze sammelte sich auf dem Boden der Magma-
kammern. Bei der Kristallisation der Sulfidschmelze kam es
wiederum zu einer weiteren Fraktionierung.
Norilsk und Sudbury kam es sogar innerhalb der Sulfidschmelze
zu einer nennenswerten Fraktionierung, bei der PGE in be-
stimmten Zonen angereichert wurden.
Oft sind die PGE in einem Gesteinshorizont innerhalb
»normaler« Kumulate angereichert. Das Merensky-Reef ( . Abb.
3.26 ) im Bushveld-Komplex ist zum Beispiel eine Pyroxenit-
schicht, typischerweise 1 m mächtig, die fein verteilte Sulfide
enthält. Das sind überwiegend Fe-Cu-Ni-Sulfide (Chalkopyrit,
Pyrrhotin, Pentlandit), neben denen auch PGE-Sulfide (Braggit,
Laurit usw.) und gediegene PGE-Legierungen vorkommen.
Gefördert werden nur PGE, der Erzgrad für Nickel und Kupfer
ist nicht wirtschaftlich. Die Sulfidschmelze entmischte also
während der Kristallisation von Pyroxen, »saugte« die PGE aus
einem großen Magmavolumen und sank zusammen mit Pyroxen
auf den Boden der Magmakammer. Im Gegensatz zum Meren-
sky-Reef und dem sehr ähnlichen J-M-Reef des Stillwater-
Komplexes sind die PGE im Great Dyke ( 7 Abschn. 3.3.4 ) in
Simbabwe nicht innerhalb einer spezifischen Gesteinsschicht
angereichert, die von anderen Gesteinen unter- und überlagert
wird, sondern in dünnen Horizonten ( main / lower sulfide zone )
innerhalb eines mächtigen Pyroxenits, der ansonsten recht
homogen ist.
In der Regel geht man davon aus, dass die Entmischung der
Sulfidschmelze durch das Eindringen von neuem Magma, das
sich mit der leicht fraktionierten Schmelze vermischte, ausgelöst
wurde. Entweder direkt, weil die neue Zusammensetzung in der
Mischungslücke lag, oder indirekt, da die Mischung zur Kristal-
lisation eines eisenreichen Minerals führen kann (zum Beispiel
Chromit), was wiederum die Löslichkeit von Schwefel in der
Schmelze verringert.
Wenn das Eindringen von neuem Magma sowohl Chromitit-
lagen als auch die Entmischung einer Sulfidschmelze ausgelösen
kann, verwundert es nicht, dass es auch PGE-reiche Chromit-
Abb. 3.26 Das Merensky-Reef im Bushveld-Komplex ist ein Pyr-
oxenit mit hohem PGE-Gehalt. Exemplarisch zeigen die Profile
aus vier Minen, dass diese Schicht nicht ganz homogen ist. Nach
Naldrett et al. 2008.
schichten wie den UG2-Chromitit im Bushveld-Komplex gibt.
Die PGE-Minerale (PGE-Sulfide und gediegene Legierungen)
kommen dort sowohl als winzige Einschlüsse in den Chromit-
Kristallen vor als auch fein verteilt in der Matrix. Allerdings
würden wir zugleich Fe-Cu-Ni-Sulfide erwarten, was nicht der
 
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