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Könnten wir mit der Freude zugleich auch das Leid aussperren, so wäre
das Verfahren sehr ernsthafter Erwägung wert.« Ist es aber nicht. Das
gilt auch für extreme Maßnahmen wie den Versuch, das Herz »gewalt-
sam in vergnügliche Szenen hineinzuziehen«, oder das Gegenteil, den
Versuch, es »so weit zu besänftigen, dass es zur Ruhe kommt, indem
man es mit noch grässlicherem und bedrückenderem Elend bekannt
macht«. Für Johnson können nur Arbeit und die Zeit das Leid lindern.
»Kummer ist so etwas wie seelischer Rost, und jeder neue Gedanke
trägt, wenn er hindurchgeht, dazu bei, ihn wegzureiben.«
Trauerarbeiter sind ihr eigener Chef. Ich frage mich, ob Freiberuler
diese Arbeit besser bewältigen als Menschen, die sonst in ein Büro oder
eine Fabrik gehen. Vielleicht gibt es darüber auch Statistiken. Mein-
er Meinung nach stoßen Statistiken beim Leid jedoch an ihre Grenzen.
»Was an Instrumenten wir haben, bestätigt es«, schrieb Auden über
den Tod von Yeats, »sein Todestag war ein dunkler, kalter Tag.« So viel
können die Instrumente uns an dem Tag selbst sagen. Aber danach und
darüber hinaus? Die Nadel schlägt über die Skala aus, das Thermomet-
er zeigt nichts mehr an, Barometer platzen. Das Sonar des Lebens ist
kaputt, und man weiß nicht mehr, in welcher Tiefe der Meeresgrund
liegt.
Wir steigen in Träume hinab, und wir steigen in die Erinnerung hinab.
Und ja, es stimmt, die Erinnerung an frühere Zeiten kehrt tatsächlich
zurück, doch in der Zwischenzeit sind wir furchtsam geworden, und
ich bin mir nicht sicher, ob es dieselbe Erinnerung ist, die da wieder-
kehrt. Wie könnte das auch sein; die Erinnerung kann ja nicht mehr
bestätigt werden von dem Menschen, der damals dabei war. Was wir
getan haben, wohin wir gegangen sind, wem wir begegnet sind, wie
wir uns gefühlt haben. Wie wir zusammen waren. Das alles. Das »wir«
ist jetzt zu »ich« verdünnt. Die binokulare Erinnerung ist monokular
geworden. Es ist nicht mehr möglich, aus zwei unsicheren Erinnerun-
gen an dasselbe Ereignis durch Triangulierung, durch Landesvermes-
sung aus der Luft, eine einzelne, sicherere zusammenzusetzen. Und so
