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einem silbernen Kelch. Anschließend aßen sie Orangen und schleuder-
ten die leere Flasche in den Lac de Vincennes. Berauscht von dem plötz-
lichen Gefühl der Erhabenheit warfen sie fröhlich Ballast auf die Erden-
wesen am Boden ab: eine englische Touristenfamilie auf dem Balkon
der Bastille-Säule und später eine Hochzeitsgesellschaft, die sich bei
einem ländlichen Picknick vergnügte.
Tournachon reiste mit acht Gefährten in einem Aerostat, der seiner ei-
genen prahlerischen Fantasie entsprungen war: »Ich werde einen Bal-
lon - den ultimativen Ballon - von außerordentlich gigantischen Aus-
maßen bauen, zwanzig Mal größer als der größte.« Er nannte ihn
Le Géant , den Riesen. Der Ballon machte zwischen 1863 und 1867 fünf
Flüge. Zu den Passagieren dieses zweiten Flugs gehörten Tournachons
Ehefrau Ernestine, die Aeronautenbrüder Louis und Jules Godard sowie
ein Nachfahre der ersten Ballonfahrerfamilie Montgolier. Was sie an
Essen mitnahmen, ist nicht überliefert.
Das waren die ballonfahrenden Klassen der damaligen Zeit: der
begeisterte englische Amateur, der sich gern als »Ballonatiker« ver-
spotten ließ und bereitwillig in alles einstieg, was sich in die Lüfte er-
heben würde; die berühmteste Schauspielerin der Epoche, die einen
Promi-Flug unternahm; und der professionelle Ballonfahrer, der mit
Le Géant ein kommerzielles Unternehmen startete. Der erste Aufstieg
dieses Gefährts, für den jeder der dreizehn Passagiere 1000 Francs
bezahlte, lockte zweihunderttausend Zuschauer an; die Gondel glich
einer zweistöckigen Hütte aus Korbgelecht und beherbergte einen Er-
frischungsraum, Betten, eine Toilette, eine fotograische Abteilung und
sogar eine Druckerei, damit man unverzüglich Gedenkbroschüren her-
stellen konnte.
Die Brüder Godard waren überall dabei. Sie konstruierten und bauten
Le Géant und brachten ihn nach den ersten beiden Flügen zu einer
Ausstellung im Crystal Palace nach London. Kurz darauf brachte ein
dritter Bruder, Eugène Godard, einen noch größeren Heißluftballon
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