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würde ich allein quer durch Frankreich wandern - oder, falls das nicht
durchführbar erschien, quer durch einen Teil von Frankreich, genauer
gesagt am Canal du Midi entlang, vom Mittelmeer bis zum Atlantik,
und in meinem Rucksack würde ein Notizbuch stecken, in dem ich
meine Versuche festhalten würde, mit dem »Schlimmen« fertigzuwer-
den. Doch als es dann geschah, hatte ich kein Verlangen danach, meine
Wanderstiefel anzuziehen. Und »Wandertour« wäre wohl kaum die
rechte Bezeichnung gewesen für so einen Leidenstrott.
Mir wurden auch andere Zerstreuungen nahegelegt, andere Ratschläge
gegeben. Manche Leute taten, als wäre der Tod des geliebten
Menschen nur eine Extremform der Scheidung. Man riet mir, ich solle
mir einen Hund anschafen. Darauf erwiderte ich sarkastisch, das sei
wohl kein rechter Ersatz für eine Ehefrau. Eine Witwe ermahnte mich,
doch zu »versuchen, andere Paare nicht wahrzunehmen« - aber die
meisten meiner Freunde bilden nun einmal Paare. Jemand meinte, ich
solle für ein halbes Jahr eine Wohnung in Paris mieten oder, falls das
nicht ginge, dann eben »ein Strandhaus in Guadeloupe«. Sie und ihr
Mann würden sich in meiner Abwesenheit um mein Haus kümmern.
Das käme ihnen sehr gelegen, und »so hätten wir einen Garten für
Freddie«. Der Vorschlag kam per E-Mail am letzten Lebenstag meiner
Frau. Und Freddie war der Hund dieser Leute.
Natürlich empinden die Schweiger und die Ratgeber auch selbst Leid
und womöglich Wut, und die kann sich gegen uns richten - gegen mich.
Vielleicht wollen sie sagen: »Dein Leid ist uns peinlich. Wir warten ein-
fach ab, bis es vorübergeht. Und im Übrigen bist du ohne sie weniger
interessant.« (Das stimmt: Ich fühle mich ohne sie weniger interessant.
Wenn ich allein bin und zu ihr spreche, lohnt sich das Zuhören; wenn
ich mit mir selbst spreche, nicht. »Ach, hör doch auf, mich zu langwei-
len«, weise ich mich laut zurecht, wenn ich mich mir selbst gegenüber
wiederhole.) Ja, wenn sie das dächten, würde ich ihnen recht geben. Ein
amerikanischer Freund gestand freimütig: »Ich hatte immer gedacht,
sie würde dich überleben.« Das konnte ich gut verstehen: Mein Über-
