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berichtet. Von moderner Sklaverei ist die Rede, von Menschenrechtsverletzungen
und Ausbeutung. Die Emiratis und die in der Hackordnung höherstehenden Ex-
pats entgegnen dann, dass diese Männer ja schließlich alle freiwillig im Land sei-
en, viel mehr verdienten als in ihrer Heimat und teilweise sogar in den Camps
noch bessere Lebensbedingungen häten als in den Slums von Dhaka oder Co-
lombo. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, aber sie herauszuinden hat sich
noch niemand wirklich die Mühe gemacht.
Es ist leicht, diese Männer einfach zu ignorieren, sie wie Playmobiliguren
wahrzunehmen und nicht an ihre menschliche Situation zu denken. Es ist prakt-
isch für die Bauirmen, dass die Arbeiter keine Lobby haben und sie auch keine
Betriebsräte gründen dürfen. So bleibt der Niedriglohnsektor dauerhat erhalten
und nutzt am Ende allen Dubaiern, denn die neuen Straßen, Gebäude, Parks und
Atraktionen genießen dann alle außer jenen, die sie erbaut haben. Dubai mag
nicht auf dem Rücken dieser Männer gebaut sein, aber mit deren Schweiß - nur
dankt es ihnen niemand, und wer sich beschwert, wird ausgewiesen, denn für ihn
warten in Bengalen schon die Nächsten, die in Dubai ihr Glück versuchen
wollen.
Noch schlechter als den Arbeitern geht es den Hausmädchen. Sie nehmen die
Plätze ein, die in den Sechzigerjahren noch die Sklaven innehaten, und sie wer-
den genauso behandelt. Sie wohnen bei den Dienstherren im Haus und haben
meist keine geregelten Arbeitszeiten. Häuig nehmen ihnen die Dienstherren die
Pässe ab. Schläge und Vergewaltigungen sind keine Seltenheit, glaubt man den
Betreiberinnen von Frauenhäusern und Beratungsstellen. Haus- und Kindermäd-
chen sind rechtlos und ihren Dienstherren ausgeliefert. Wird ein Hausmädchen
schwanger oder beschwert sich, schickt man sie kurzerhand zurück nach Jakarta
oder Manila. Auch hier warten schon die Nächsten auf Jobs am Golf. Nicht alle
Dienstherren werden gewaltätig, aber wer den Frauen und Mädchen, die den
reichen Frauen in den Malls die Kinderwagen hinterherschieben, in die Gesichter
blickt, sieht darin fast nie ein Strahlen. Auch diese Menschen arbeiten miten in
der Gesellschat und sind doch nicht Teil von ihr.
Gleichgültigkeit der jeweils anderen sozialen Gruppe gegenüber ist eine soziale
Überlebenstechnik in Dubai. Wer nicht ein gewisses Maß an Kaltschnäuzigkeit
mitbringt, wird an der sozialen Ungleichheit verzweifeln, da sie dem westlich-de-
mokratischen Menschen als ungerecht erscheint. Wer sich nicht ständig schuldig
fühlen will, auch der Umwelt gegenüber, muss das Schulterzucken trainieren.
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