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schonen. Rücksicht auf die unerbitliche Natur zu nehmen ist ein neuer Gedanke,
der sich gerade erst durchsetzt. Nachhaltigkeit ist im Dubaierischen zwar ein
Modewort geworden, aber der Nachhaltigkeitsbegrif ist ein anderer als in
Europa. Nachhaltigkeit bedeutet in Dubai zunächst, die erzielten Erfolge dauer-
hat zu sichern, sich also nicht durch internationale Finanzkrisen, geplatzte
Bauprojekte, Sandstürme oder fehlgeschlagene Planungen irritieren zu lassen
und sich nicht einschränken zu müssen. Nachhaltigkeit bedeutet in Dubai nicht,
Äpfel in der Region ökologisch zu erzeugen, auf Bauernmärkten zu verkaufen
und nach dem Verzehr die Kernhäuser in die Biomülltonne zu werfen. Nach-
haltiges Handeln bedeutet auch nicht zwingend, Strom oder Wasser zu sparen,
sondern zunächst, deren Nutzungseizienz zu steigern.
Dass es seit den 2010er-Jahren in den Emiraten überhaupt vereinzelte
Flaschencontainer und Recyclingtonnen gibt, gleicht einer grünen Revolution.
Angezetelt wurde sie von westlichen Expats, die die Idee von zu Hause mit-
brachten und umsetzten, da ihr seit Jahrzehnten geschärtes grünes Gewissen Re-
cycling für selbstverständlich hält. Worum es dabei geht, haben aber mangels
ebenjenes grünen Gewissens längst nicht alle Bürger der Emirate verinnerlicht,
und so bleibt Mülltrennung ein Minderheitenphänomen. Dubai erwägt dennoch,
von staatlicher Seite aus für Apartmenthäuser Wertstofsäcke und Papiertonnen
einzuführen. Immerhin hat Anfang 2014 in Sharjah die landesweit erste Recyc-
linganlage für Altautos ihren Betrieb aufgenommen, und das Emirat Abu Dhabi
hat im selben Zeitraum angekündigt, eine Müllverbrennungsanlage zu errichten,
in der auch Strom produziert werden kann.
Energiesparlampen, wassersparende Toiletenspülungen, benzinsparende
Autos, Pfandlaschen, Waschmitel ohne Tenside - in den Emiraten, wo ein Liter
Benzin weniger kostet als ein Liter Wasser aus der Flasche, ist dies alles ex-
zentrischer Schnickschnack. Sparen ist generell keine gesellschatlich anerkannte
Tugend, nicht bei Bestellungen im Restaurant, nicht beim Autokauf und auch
nicht bei Energie und Wasser. Was der Westen Verschwendung nennt, ist hier
Lifestyle und Statussymbol: die Klimaanlage auch dann laufen zu lassen, wenn
man für ein paar Stunden weg ist, bei 50 Grad Außentemperatur den Pool künst-
lich zu kühlen und pro Familie täglich eine Palete leerer Coladosen in die Rest-
mülltonne zu stopfen. Das ist keine Wegwerfmentalität, sondern eher so etwas
wie die deutsche Fresswelle der Fünfzigerjahre, als plötzlich alles im Überluss
vorhanden war und man sich eine Zeit lang ohne schlechtes Gewissen an allem
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