Travel Reference
In-Depth Information
cher hängen geblieben ist, reißen sich die Restaurants. Wer sicher sein will, Fisch
von der korsischen Küste auf den Teller zu bekommen, sollte sich deswegen vor
der Bestellung nach seiner Herkunt erkundigen. Seit den Achtzigerjahren gibt es
auch eine ganze Reihe von Fisch- und Muschelzuchten. Dorade aus korsischer
Aquakultur habe ich noch nie gekostet, aber sie soll passabel sein. Die Austern
vom Etang de Diane südlich von Bastia kann ich sehr empfehlen. Sie werden
geschlürt, wenn sie noch jung und klein sind. Eine Spezialität ist auch L'aziminu ,
korsische Fischsuppe, die mit Kräutern und einem Schuss Pastis gewürzt wird.
Sie wird, wie die provenzalische Bouillabaisse, mit Rouille, einer hausgemachten
Knoblauchmayonnaise, und gegrilltem Weißbrot serviert.
Bei uns im Dorf gibt es bemerkenswert viele Neunzigjährige. Ob das an der kor-
sischen Variante der Mitelmeerkost liegt? Viel Wildschwein, viel Pastis, viel
Käse und, nicht zu vergessen, viel Olivenöl. Aus korsischem Anbau, versteht sich.
Wenn es früher hieß: »Wir fahren an die Mühle!«, wussten wir Kinder, dass ein
ganz besonderer Auslug bevorstand. Wir packten unsere Badesachen und ein
Picknick ein und kurvten eine enge, steile Straße hinauf zu einem nahe gelegenen
Bergluss. Schon bald konnte man ihn durch die heruntergelassenen Autofenster
rauschen hören. Es ging noch eine Weile bergauf, bis zu einer Ruine direkt am
Straßenrand. Dieser Steinhaufen ist einmal eine Öl- und Getreidemühle gewesen.
Doch nachdem immer mehr Olivenbaumwälder und Felder verwahrlost waren,
sei es, weil ihre Bewirtschatung sich nicht mehr lohnte, weil Arbeitskräte fehl-
ten oder es komfortabler war, alles, was man zum Leben brauchte, im Supermarkt
zu besorgen, war auch die Mühle aufgegeben worden. Wir liebten diesen Ort
dennoch. Man konnte in den steinernen Wasserrinnen herumkletern, in denen
einst das Flusswasser in die Mühle geleitet wurde, um die Mahlsteine an-
zutreiben. Es gab dort einen Feigenbaum, der kleine süße Früchte trug, und man
konnte dort herrlich baden. Das Wasser war eiskalt und glasklar, und wo es
Bassins bildete, konnte man sogar schwimmen.
Ich staunte nicht schlecht, als ich vor einigen Jahren erfuhr, dass die alte Mühle
wiederaufgebaut werden sollte. Wahrscheinlich mal wieder eines der zig Pro-
jekte, die zwar mit Begeisterung geplant, aber dann doch nie realisiert werden,
dachte ich. Doch ich irrte mich. Es dauerte nicht lange, und einer unserer Nach-
barn schenkte mir eine Flasche Olivenöl. »Von unseren eigenen Oliven, gepresst
in der alten Mühle«, sagte er feierlich und überreichte mir eine Glaslasche ohne
Etiket. Das Öl hate eine sate gelbgrüne Farbe, und sein Geschmack spiegelte
Search WWH ::




Custom Search