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Zufall, dass auf Korsika die Gotesmuter Maria bis heute besonders intensiv
verehrt wird, selbst von Korsen, die die Kirche ihrer Gemeinde nur einmal im
Jahr, zu Weihnachten, von innen sehen. Sie verkörpert das Prinzip der reinen
Müterlichkeit, sie erduldet alles und mischt sich nicht ein - sehr nach dem
Geschmack vieler korsischer Männer. Bei vielen Gelegenheiten und zum Ab-
schluss jedes Konzertes mit traditioneller Musik wird voller Inbrunst »Diu vi
Salvi Regina« angestimmt, das in der kurzen Periode der Unabhängigkeit im
18. Jahrhundert zur korsischen Nationalhymne erkoren wurde und von National-
isten auch heute noch als solche betrachtet wird. Tatsächlich wollte man die hei-
lige Maria sogar mal zur Königin von Korsika krönen. Die Idee kam auf, als die
Korsen von den jahrhundertelangen Freiheitskämpfen so erschöpt waren, dass
sie keine Hofnung mehr auf einen gerechten irdischen Herrscher haten. Zu
dieser Zeit zierte ihr Bild die Rückseite der korsischen Fahne mit dem Mauren-
kopf. Ein extrem ungleiches Paar, aber eines, das Bände spricht.
Maria ist deswegen auch der beliebteste weibliche Vorname auf der Insel, auch
wenn dessen Trägerinnen sicher nicht so keusch und rein wie die Gotesmuter
leben. Seit einigen Jahren ist es außerdem in Mode gekommen, seinen Kindern
die Namen berühmter korsischer Helden oder Märtyrer zu geben, um Bewusst-
sein für die Geschichte und Kultur Korsikas zu demonstrieren. Viele kleine Mäd-
chen heißen heute Vannina, nach Vannina d'Ornano, der Ehefrau des Freiheit-
skämpfers Sampiero Corso. Das ist ungefähr so, als würde man seine Tochter
Desdemona nennen, nach der unglücklichen Ehefrau Othellos in Shakespeares
gleichnamiger Tragödie. Sie wurde von ihrem Mann umgebracht, weil dieser
durch eine Intrige glauben gemacht wurde, sie sei ihm untreu.
Auch Vannina wurde von ihrem eigenen Mann erwürgt, weil ihm vorgespielt
worden war, sie sei politisch fremdgegangen und habe mit dem Erzfeind Genua
gemeinsame Sache gemacht. Kein Schicksal, das man seinem Kind wünschen
würde, aber in den Augen der Korsen wiegen Ruhm und Ehre, die mit ihrem
Mann verbunden sind, stärker als das traurige Ende von dessen Frau.
Sehr beliebt ist auch der Vorname Letizia (auch Laetizia geschrieben), nach der
Mutter des Kaisers Napoleon Bonaparte. Sie gebar 13 Kinder, von denen acht
überlebten, und konnte ihre Schwiegertochter Joséphine, Napoleons Frau, nicht
leiden, weswegen sie der Krönung ihres Sohnes fernblieb. Sie soll sehr geizig
gewesen sein, außerdem war sie gar keine echte Korsin, da ihre Familie von
einem lombardischen Grafen abstammte. Aber wir wollen nicht kleinlich sein,
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