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der arbeitenden Frauen). Sie können schon deswegen nicht tagsüber im Café
sitzen. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass immer mehr Männer nun die
Domäne des Haushaltes für sich erobern würden.
Schlag zwölf leert sich das Café, die Männer gehen nach Hause zu ihren
Frauen, die inzwischen das Mitagessen gekocht haben. Nachmitags tauchen Let-
ztere dann doch für ein bis zwei Stunden auf, sie gehen mit den Kindern spazier-
en, trefen andere Frauen und trinken einen Kafee, während die Männer unter
sich bleiben und Boule spielen. Am frühen Abend stoßen jene Männer dazu, die
arbeiten und jetzt Feierabend haben, und gemeinsam (mit den anderen Männern,
nicht mit den Frauen!) geht man in die Bar zum Aperitif. Danach gibt es
Abendessen, das - Sie ahnen es - die Frauen zu Hause zubereitet haben. Und
dann sind ja noch die Kinder zu baden, die Wäsche zu waschen, die Großeltern
zu versorgen. Die Liste der Aufgaben im Haushalt ist endlos, und sie wird auch
für berufstätige Frauen nicht kürzer. Ich habe jedenfalls noch nie einen korsis-
chen Mann beim Bügeln erwischt.
Im Gegenteil, ich frage mich ot, wie die korsischen Frauen eigentlich ihre
Aufgaben unter einen Hut bekommen. Sie sind alles auf einmal: Hausfrau, Mut-
ter, Ehefrau, Arbeitnehmerin (oder Unternehmerin). Sie müssen wahre Genies im
Zeitmanagement sein, bei dem Pensum, das sie täglich wegschafen. Zum Beispiel
Suzanne, eine gebürtige Korsin. Sie ist Ende vierzig, verheiratet und stolze Muter
dreier Söhne. Sie hat einen guten Job als Controllerin in einem kleinen Unterneh-
men, was sie aber nicht davon abhält, zweimal täglich zu kochen - auch bez-
iehungsweise erst recht am Sonntag, denn da kommt die gesamte Großfamilie
zusammen. Ihre Beignets au Brocciu sind berühmt, ebenso wie ihr Wildschwein-
ragout. Ihre zum Teil erwachsenen Söhne werden nach Strich und Faden verwöh-
nt und müssen zu Hause keinen Finger krümmen, den Haushalt schmeißt ja ma-
man . Mir ist absolut schleierhat, wie sie das alles hinbekommt, sie muss ja neben
der Arbeit zwischendurch einkaufen, nach Hause fahren und das Essen zubereit-
en, aber irgendwie geht es. Früher hat Suzanne in Paris gelebt, studiert und die
Großstadt genossen, aber als klar war, dass sie einen Mann aus einer respekt-
ablen korsischen Familie heiraten würde, ist sie sofort zurück auf die Insel gezo-
gen und hat klaglos die Rolle der tüchtigen korsischen Allroundfrau übernom-
men.
Ofen ist, wie die Zukunt zwischen den Geschlechtern aussehen wird. Eines
Tages saß ich um sieben Uhr morgens im Café, es war viel los um diese Uhrzeit,
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