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zu übernehmen, war ein Marokkaner namens Karim. Er leistete hervorragende
Arbeit, war zuverlässig und pünktlich und ein Meister darin, alte, verfallene
Steinmauern so wieder aufzubauen, dass man keinen Unterschied zu den intak-
ten sah. Durch seine stille Art, seinen Fleiß und viele zufriedene Kunden hat er es
zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Mit seiner Frau und seinen Kindern
wohnt er inzwischen in einem Haus mit Pool, das er selbst gebaut hat. Die
Korsen aber sind auf Karim nicht gut zu sprechen. Sie wollen mit ihm nichts zu
tun haben, und sie neiden ihm seinen bescheidenen Wohlstand. Dass sie selbst
niemals bereit wären, ähnlich mühsame Arbeiten zu übernehmen, übersehen sie
großzügig.
Wer es sich leisten kann, der schickt seine Kinder auf dem französischen Fest-
land zur Schule. Und wer Karriere machen will, studiert an einer renommierten
französischen Universität, aber auf keinen Fall auf Korsika, so stolz die Korsen
auch auf ihre eigene Universität sind. Jedes Jahr erfahren wir von einer anderen
Mutter aus dem Dorf, welches Kind nun endlich in Paris lebt oder gar eine
höhere Ausbildung anstrebt. Bildung ist, wie überall auf der Welt, ein Ticket, um
die wirtschatliche Misere zu überwinden. Das hindert aber niemanden daran, bei
der nächsten Gelegenheit über die französische Regierung herzuziehen und über
Leute »vom Kontinent« zu lästern.
Vor wenigen Jahren wurde aus der kleinen Low-Budget-Produktion »Willkom-
men bei den Sch'tis« von Dany Boon die erfolgreichste französische Komödie al-
ler Zeiten. Der Film handelt von kulturellen Vorurteilen und deren Überwindung
und könnte mit ein paar Änderungen, was den Dialekt und den Inhalt der Witze
angeht, auch auf Korsika spielen. Die Handlung: Ein Filialleiter der Post wird in
den äußersten Norden, nach Nord-Pas-de-Calais, strafversetzt. Er macht sich
widerstrebend und voller Vorurteile auf zu seinem neuen Arbeitsplatz. Dort kom-
mt natürlich alles anders als gedacht. Er trit auf reizende, hilfsbereite Menschen
in einem schönen Städtchen und indet bald sogar echte Freunde. Es gibt nur ein
Problem: Zu Hause glaubt ihm niemand, wie schön es bei den Sch'tis ist. Seine
Frau hält das gar für eine tapfere Notlüge zu ihrer Beruhigung. Damit sie nicht
auf die Idee kommt, ihm beistehen zu wollen, erzählt er ihr weiterhin, wie ver-
trottelt und versofen die Sch'tis doch seien.
Würde umgekehrt ein Nordfranzose nach Korsika versetzt, häte er wohl ähn-
lich viele Vorurteile im Kopf wie die Filmiguren. Stat Kälte, Armut und Rück-
ständigkeit wären das Faulheit, Veternwirtschat und die Machenschaten der
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