Travel Reference
In-Depth Information
Im selben Jahr wie der Naturpark, 1971, wurde auch der älteste korsische
Wanderweg, der berühmte GR 20, eröfnet. Er führt in 13 bis 16 Tagesetappen
vom Bergmassiv von Calenzara im Nordwesten nach Conca im Südosten. Damals
gab niemand dem Projekt eine Chance, selbst Experten rechneten mit maximal
drei Dutzend Wanderern pro Jahr. Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Heute sind
Sie dort zwischen Juni und Oktober garantiert nicht alleine, auf den Hochge-
birgspfaden werden Tausende Wanderer gezählt, und es gibt zig Anbieter, die ge-
führte Touren im Programm haben. In der Hochsaison werden otmals die Beten
knapp, und die Müllberge am Wegesrand schwellen bedenklich an. Die Hirten be-
nutzen die Wege zwar auch immer noch, aber sie müssen sie längst mit Horden
von Wanderern teilen. Auch ihre kleinen grauen Steinhüten dienen längst nicht
mehr als Unterschlupf für Schafe oder Ziege, sondern als Schlafplatz für müde
Alpinisten.
Inzwischen hat der GR 20, der übrigens nach Korsikas Postleitzahl benannt ist,
Konkurrenz von anderen Fernwanderwegen bekommen. Der Tra mare e monti
führt in zehn Etappen die Westküste entlang, wie sein Name auf Korsisch sagt,
zwischen Meer und Gebirge. Der Pfad schlängelt sich durch die Macchia und
schattige Wälder und führt nicht viel höher hinaus als 1000 Meter und ot bis
hinunter an die Küste. Er ist ideal für alle, die nicht um jeden Preis so viele Gipfel
wie möglich erstürmen, sondern sich zwischendurch auch mal ein Bad im Meer
gönnen wollen. Aber gut zu Fuß sollte man trotzdem sein.
Der Pfad Da mare a mare führt auf drei landschatlich unterschiedlichen We-
gen in sechs bis acht Tagen von Ost nach West. Von der sandigen, lachen
Ostküste geht es über die Berge (aber nicht über die ganz hohen) zu den felsigen
Buchten der Westküste.
Im April 2013 legte sich allerdings ein dunkler Schaten über dieses grüne
Paradies: Am helllichten Tag wurde der Präsident des Naturparks, Jean-Luc
Chiappini, der gleichzeitig Bürgermeister von Letia in Südkorsika war, tot aufge-
funden. Ein Unbekannter hate ihm drei Kugeln in den Kopf geschossen. Was ist
das nun wieder für eine - typisch korsische - Geschichte?
Wie sich herausstellte, kümmerte sich Monsieur Chiappini, der von seinen Fre-
unden als »Abgeordneter alter Schule« und »glühender Verteidiger Korsikas«
gerühmt wurde, nicht nur rührend um die Fauna und Flora des Naturparks. Er
war auch besonders freizügig, wenn es um die Verteilung öfentlicher Gelder
ging. Auf diese Weise scharte er viele loyale Freunde um sich, was ihn aber nicht
Search WWH ::




Custom Search