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»Mit mehr als 10000 Zwischenstopps ist er Frankreichs beliebtestes Ziel im
Mitelmeer. Einige der spektakulärsten Motorjachten der Welt ankern hier neben
modernen Segelschifen und traditionellen Schonern aus Holz. Am Pier oder in
den zahlreichen Cafés kreuzen sich die Wege von Seebären und Prominenten mit
denen bekannter Politiker und Sportler.«
Man könnte meinen, diese blumige PR-Prosa entstamme einer Werbebroschüre
der Touristeninformation von Saint-Tropez. Weit gefehlt, es handelt sich um die
Webseite der Capitanerie von Bonifacio an Korsikas Südspitze. Noch in den Fün-
fzigerjahren muss das Meer hier eine stinkende Kloake gewesen sein, weil alle
Abwässer direkt vor der Stadt hineingeleitet wurden. Heute gibt man sich nicht
ohne Grund weltläuig: Das natürliche Hafenbecken strahlt türkisblau, es wird
umrahmt von steil aufragenden Kreidefelsen, auf deren Spitze die berühmte Zit-
adelle thront. Das ist aber noch nicht alles: Der Hafen ist einer der teuersten
Frankreichs, ein Ankerplatz kann dort bis zu 2300 Euro kosten - pro Tag. Auf
Sardinien sind die Liegeplätze zwar bis zu dreimal so teuer, aber das ist nur ein
schwacher Trost, denn auf Korsika gab es diese Auswüchse bisher schlicht und
einfach nicht.
Der neue Hafen gefällt nicht allen. Seine Seele sei zubetoniert worden, die Res-
taurantzeile gleiche einem Flugzeughangar, die Fischer würden an den Rand
gedrängt von den schwimmenden Palästen der Luxustouristen - so die harm-
loseren Vorwürfe. Der Bürgermeister von Bonifacio, Jean-Charles Orsucci, übri-
gens ein Sozialist, hat bereits Drohbriefe erhalten, die einen deutlich raueren Ton
anschlagen. Er verteidigt sein Vorgehen: »Es ist jetzt alles viel sauberer, viel
aufgeräumter«, wird er nicht müde zu wiederholen. Auch könne er mit den Ein-
nahmen soziale Projekte verwirklichen, zum Beispiel einen Kindergarten am Pier,
der habe 100000 Euro gekostet.
Was soll man sagen? Jede Entwicklung hat ihre Vor- und Nachteile. Es ist doch
großartig, wenn Kommunen erfolgreich Eigeninitiative zeigen, anstat sich alle
Gewinne von der Maia oder von französischen oder ausländischen Investoren
abknöpfen zu lassen. Und ein sanierter, lorierender Hafen ist immer noch besser
als ein vergammelter, ausgestorbener. Die Frage ist eher, wo man Grenzen ziehen
muss, welche Art des Tourismus man fördern will und aus welchen Gründen.
Kurz, was fehlt, ist ein Konzept, wie der Tourismus der Zukunt auf Korsika aus-
sehen soll. Luxustourismus? Ökotourismus? Low-Budget-Tourismus? Im Moment
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