Travel Reference
In-Depth Information
neueste Generation von Waggons ausgetauscht wurden - für die schwindelerre-
gende Summe von 263 Millionen Euro. Für den Preis häte ja mal jemand an ein-
en ordentlichen Zugang denken können.
Sollten Sie sich an dieser Stelle fragen, wozu Korsika überhaupt eine Eisenbahn
benötigt, noch dazu eine, die so kurz und so teuer ist, dann lautet die Antwort:
darum. Eine logische Erklärung gibt es nicht, außer der, dass man 1888 den
Ehrgeiz hate, auf der Höhe der Zeit zu sein, und diesen bis heute nicht verloren
hat. Damals wurde kein Geringerer als Gustave Eifel, der Vater des Pariser Eifel-
turms, mit dem Bau einer Brücke über das Vecchio-Tal betraut. Das Ergebnis ist
beeindruckend: Kurz vor Vivario überspannt eine minimalistische Eisenkonstruk-
tion in enormer Höhe einen Wildbach. Sitzt man im Zug, kann man die Brücke
nicht sehen, weil man ja gerade darüberfährt. Zu bewundern ist sie nur von un-
ten, man muss zu Fuß ins Vecchio-Tal wandern.
1894 waren die Arbeiten an der Brücke oiziell beendet, die erste Lokomotive
zuckelte samt Anhängern von Bastia nach Corte. Schneller, als der Zug fahren
konnte, eilten ihm sagenhate Pläne zur weiteren Erschließung der Insel voraus.
Allerdings wurde keine einzige der geplanten Nebenlinien je gebaut. Heute hat
das »Schienennetz« die Form eines Ypsilons. Die Hauptstrecke führt von Bastia
über Ponte-Leccia nach Ajaccio, der Nebenarm von Ponte-Leccia nach Calvi.
Rentabel war die Bahnverbindung von Anfang an nicht, weshalb die Regierung
während des Autobooms der Sechzigerjahre versuchte, die Strecke ohne viel Auf-
hebens stillzulegen. Vergeblich. Nach massiven Protesten der Korsen sahen die
Franzosen von ihrem Vorhaben ab. Heute hat die korsische Bahn CFC ( Chemins
de Fer de la Corse ), eine Tochtergesellschat der französischen Staatsbahn SNCF,
200 Angestellte - quasi einen pro Kilometer! Der laufende Betrieb verschlingt
jedes Jahr 20 Millionen Euro an Subventionen, egal, die Korsen lieben ihr Bäh-
nchen heiß und innig, und was sie einmal ins Herz geschlossen haben, das vertei-
digen sie mit Klauen und Zähnen. Dass sie die teure, unrentable und verbum-
melte Bahn kaum benutzen, spielt keine Rolle.
Und so umwehte unsere kleine Lustreise ein Hauch von Dekadenz. Wir woll-
ten nichts weiter, als uns an der Schönheit der Insel zu erfreuen, und das ermög-
licht der Trinighellu mehr oder weniger auf Staatskosten. Tatsächlich war,
nachdem wir den Bus verlassen haten und in die Bahn gestiegen waren, alles ex-
akt so, wie es uns vorher in leuchtenden Farben beschrieben worden war. Die
schneebedeckten Berggipfel, die satgrüne Hänge überragen. Die bizarren Silhou-
Search WWH ::




Custom Search