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Tatsächlich hat er ohne fahrbaren Untersatz ein Problem, denn das öfentliche
Transportwesen ist nicht besonders gut ausgebaut. Durch unser Dorf fährt an-
geblich täglich um 7 Uhr ein Bus in die nächstgrößere Stadt, aber in über dreißig
Jahren habe ich ihn noch nie gesehen. Das mag auch daran liegen, dass ich in den
Ferien selten um 7 Uhr morgens an der Bushaltestelle stehe. Moment, Bushal-
testelle? Es gibt hier nicht mal eine.
Es war ein schöner Tag im Mai, als wir beschlossen, uns endlich auch mal an-
zusehen, was es mit dem berühmten Trinighellu , wie der Inselzug liebevoll
genannt wird, auf sich hat. Korsen können stundenlang von ihrem Bähnchen
schwärmen, von der grandiosen Landschat, den meisterhat in den Fels geschla-
genen Tunnels, der kühnen Streckenführung durchs Gebirge. Fragt man sie je-
doch, wann sie das letzte Mal mit ihm gefahren sind, müssen sie lange nachden-
ken. Die Antwort lautet dann meistens: »Als Kind.« Aber gut, wir haten es bish-
er auch nicht anders gehalten - und waren lieber mit dem Auto gefahren.
Der Bahnhof von Bastia lässt sich vom Hafen aus in wenigen Minuten zu Fuß
erreichen. Dort angekommen, erwartete uns die erste Überraschung. Wegen
Gleisbauarbeiten war ein Teil der Strecke nach Ajaccio gesperrt, weswegen wir
erst mal in einen Bus steigen mussten. Die wenigen anderen Passagiere nahmen
die Nachricht stoisch auf, sie schienen solche Zwischenfälle gewöhnt zu sein.
Was soll's, als Kunden der Deutschen Bahn kannten wir es ja auch nicht anders.
Es ging dann auch fast alles gut, wir mussten nur einmal den Bus wechseln, weil
der erste noch vor Abfahrt eine unerklärliche Panne hate. In Furiani, einem
Vorort von Bastia, hielt der Bus direkt neben dem Fußballstadion Armand Cesari.
Das sorgte 1992 für ein nationales Trauma, als beim Einsturz einer seiner vier
Tribünen während des Halbinales um den Coup de France des SC Bastia gegen
Olympique Marseille 18 Menschen starben und mehr als 2300 verletzt wurden. Es
wurde erst fünf Jahre später wieder aufgebaut, bis dahin konnte der SC Bastia an
keinem einzigen Europacup teilnehmen. Eine zermürbend lange Zeit, wenn man
bedenkt, wie fußballfanatisch die Korsen sind.
Der Zug, der eher aussieht wie eine moderne S-Bahn, wartete bereits auf uns.
Unser kleines Grüppchen erklomm samt Gepäck einen mit Unkraut überwucher-
ten Hang und stapte über die Gleise zu ihm hin. Einen Fußgängerübergang, der
von der Straße zum Bahnsteig führt, gibt es nicht. Was insofern erstaunlich ist,
als erst vor wenigen Jahren das gerade einmal 230 Kilometer lange Schienennetz
saniert und die nostalgischen blauweiß gestreiten Schienenbusse gegen die
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