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eingebetet in herrliche Gärten voller Palmen und Blumen, und man hat von
ihnen eine grandiose Aussicht über das Meer. Leider sind die meisten dieser
neoklassizistischen Prunkstücke in Privatbesitz, weshalb man sie nicht besichti-
gen kann. Sehr schade, denn der Gegensatz zwischen den winzigen Dörfern am
gefühlten Ende der Welt und diesen mondänen Villen ist einfach zu kurios.
Diejenigen aber, die ihr Glück nicht woanders gesucht haten, sondern auf der
darbenden Insel zurückgeblieben waren, fühlten sich vom französischen Staat im
Stich gelassen. Erste Autonomiebewegungen entwickelten sich, die Zeitschrit »A
Crispa« lancierte den Slogan » L'autonomie, voilà le salut « - »In der Autonomie
liegt unser Heil«.
Der Erste Weltkrieg brachte dann ein kollektives Trauma: Zwischen 1914 und
1918 kämpten 100000 Korsen für Frankreich, Zehntausende starben auf den Sch-
lachtfeldern. Neuere Forschungen zeigen, dass auf Korsika sogar sechs- bis acht-
fache Familienväter mobilisiert wurden, auf dem Festland ein Tabu. Gemessen an
ihrer Bevölkerungszahl, waren die Korsen in der französischen Armee überre-
präsentiert. Insgesamt kam 30 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung Korsikas
ums Leben, im Gegensatz zu sieben Prozent der Bevölkerung des französischen
Festlandes. Bis heute erinnern zahlreiche Denkmäler an die Gefallenen zwischen
1914 bis 1918.
Aus Mangel an Arbeitskräten konnten nach dem Krieg riesige Ackerlächen
nicht mehr bewirtschatet werden. Sie wurden von der Macchia in Besitz genom-
men. Die korsische Wirtschat brach fast vollständig zusammen, eine Grippeep-
idemie gab der Bevölkerung den Rest. Die Folge war, dass Korsika noch ab-
hängiger von Frankreich wurde als zuvor. Der frühere »Le Monde«-Redakteur
Jean-Louis Andreani schreibt in seinem Buch »Comprendre la Corse« (»Korsika
verstehen«), dass die französische Regierung die Korsen ausgerechnet in dem
Moment, in dem sie sich am französischsten fühlten, zu Almosenempfängern und
Pensionsjägern degradiert habe. Die Autonomiebewegung hate starken Zulauf,
auch weil die Korsen der Meinung waren, dass Frankreich sich angesichts der
großen Opfer, die Korsika im Ersten Weltkrieg gebracht hate, reichlich undank-
bar zeigte.
Im Zweiten Weltkrieg waren es dann die Autonomisten, die sich nicht gerade
mit Ruhm bekleckerten. Mussolini streckte seine Fangarme auch in Richtung
Korsika aus, die faschistische Propagandamaschine lief auf Hochtouren, die Insel
wurde mit Flugblätern voller Elogen auf den »Duce« eingedeckt, der italienische
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