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Schiedsrichter ist. Aber wichtiger als alle Spielberichte sind auch hier die Kom-
mentare, die Diskussionen, die Interviews. In Italien ist ein Ereignis erst dann tat-
sächlich ein Ereignis, wenn man darüber lange und beseelt reden kann.
Seit der Krise um Juventus allerdings, als in der Saison 2004/2005 Spiele
getürkt und Schiedsrichter bestochen wurden, macht der italienische Fußball eine
schwere Krise durch. Auch in den folgenden Jahren haben einzelne Spieler etwa
von Atalanta Bergamo oder AS Bari bei Wetskandalen sogar die eigene
Mannschat verraten und absichtlich zu Niederlagen beigetragen. Und die im-
mensen Schulden der großen Clubs schnüren dem ganz Betrieb des Proifußballs
langsam die Lut ab. Jedenfalls gehen die Zuschauerzahlen in den Stadien dramat-
isch zurück. Dagegen steigt weiter die Anzahl der Besucher, die während der
spielfreien Tage ins Stadionmuseum ziehen - jedenfalls in Mailand. Das
Mailänder San Siro Stadion, »die Scala des Fußballs«, bietet täglich Touren an. Sie
führen durch ein kleines Museum der Vereine Inter und AC Mailand, durch den
Tribünenbereich und durch die Umkleidekabinen. Rund 140000 Besucher aus al-
ler Welt kommen jedes Jahr hierher. Das Stadion wurde nach einem legendären
Spieler aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg oiziell »Stadio Giuseppe
Meazza« genannt, aber die meisten Fans und Reporter reden immer noch vom
»San Siro«. Wie auch immer, das Stadion zählt noch vor dem Abendmahl Leonar-
dos zu den meistbesuchten Tourismusatraktionen Mailands. Denn Fußball
fasziniert irgendwie dennoch - und wenn es nicht die Clubs sind, dann begeistert
die squadra azzurra , die Nationalmannschat - oder man leidet mit ihr.
Vier zu drei
Man kann nicht über Fußball reden, ohne an ein Spiel zu erinnern, das
Geschichte gemacht und sogar einem Film den Titel gegeben hat: »Italia-Ger-
mania quatro a tre«.
In Deutschland ist das Halbinalspiel bei der Fußballweltmeisterschat von
Mexiko 1970, bei dem Italien im Aztekenstadion in der Verlängerung vier zu drei
gewann, nur noch ein Fall für Sporthistoriker und Archivare. In Italien kann man
eine Wiederholung des Spiels der Spiele noch mehrfach im Jahr im Fernsehen er-
leben.
Alessandro Baricco, heute Erfolgsschritsteller, war damals gerade zwölf Jahre,
als Karl-Heinz Schnellinger, »der Verräter« (er spielte zu der Zeit bei Milan), eine
Minute vor Ende der regulären Spielzeit den eins zu eins Ausgleich schoss. Bar-
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