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Italien zur füntgrößten Wirtschatskrat des Westens macht. Dagegen hat das
Großunternehmen als Familienbetrieb keine Chance mehr. Sogar die Agnellis
müssen sich die Macht im Haus mit anderen Partnern teilen.
Manchmal passen sich die kleinen Familienirmen geradezu ideal ins Land-
schatsbild ein. Zum Beispiel auf den Hügeln um Sanremo, wo rund 6000 Blu-
menzüchter ihre eigenen kleinen Unternehmen betreiben, ist zwischen herrlichen
Palmen und exotischen Kakteen eine Gartenlandschat mit kleinen Wohn- und
großen Gewächshäusern entstanden. Und von oben blickt man auf das sich leicht
im Wind kräuselnde blaue Meer. Der Einluss der Familien reicht traditionell sehr
weit. Früher galt: Wer eine Hilfestellung, gar einen Arbeitsplatz oder eine Ver-
günstigung haben wollte, hate es leichter, wenn er dabei Familienbeziehungen
ins Spiel bringen konnte. Diese raccomandazioni haten als eine Art soziales Emp-
fehlungsschreiben mehr Gewicht als etwa ein exzellentes Abschlusszeugnis. In
einigen Gegenden Süditaliens gilt das heute noch.
In der Zeitung konnte man die Geschichte von Carmelina, einem Mädchen aus
dem Landwirtschatszentrum Bernalda in der Basilicata, lesen. Ihr Bruder fragte
sie, ob sie eine raccomandazione für die Teilnahme an der Ausschreibung eines
Arbeitsplatzes haben wolle. Und sie antwortete ganz naiv aufrichtig: »Ja, aber
nur, damit ich normal behandelt werde, wie alle anderen auch.« Denn alle
bekommen eine spintarella , einen kleinen Anschub. Empfehlung und Bestechung
gehen Hand in Hand. Diese kleinen Anschübe der Familie helfen zusammen mit
kleinen Geldgeschenken, einen Platz im Krankenhaus zu inden, nicht lange auf
die Ausstellung eines Passes warten zu müssen oder eine bessere Note in der
Schule zu bekommen. In Bernalda und ähnlichen Zentren indet man keine
Arbeit, wenn man nicht raccomandati ist.
Manchmal kann der Anschub aber auch schiefgehen. Ein Anwalt erinnerte sich
eines Zivilstreites, bei dem die eine Partei mit einer spintarella beim zuständigen
Richter nachhalf. Aber wie so häuig im Süden haten die streitenden Familien
den gleichen Nachnamen. Der etwas konfuse Richter nahm die Aufmerksamkeit
der einen Seite dankend an, gab jedoch der anderen recht.
In dem Parteiensystem hate sich das »Prinzip Familie« lange gehalten. Die
Christdemokraten zum Beispiel, die sich heute in viele kleine Parteien aufgesplit-
tert haben, waren nichts anderes als eine Verbindung unterschiedlichster polit-
ischer Gruppen - politischer »Familien«, in denen man Karriere aufgrund von
»Familienempfehlungen« machte.
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