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gänge. Nur in einer Nebenstraße indet man ein Denkmal mit einer Gedenktafel
an 15 Menschen, die hier 1944 im »Namen der Freiheit« ielen. Kein Hinweis auf
die Umstände, namenlos die Täter.
Die Piazza als Opernbühne
Mailand ist sicher nicht die Stadt, an die wir zuerst denken, wenn wir uns eine it-
alienische Piazza vorstellen. Da sehen wir lieber eine kleinere Stadt vor uns, etwa
Urbino, wo in der Senke zwischen zwei Hügeln die zentrale Piazza della Repub-
blica entstanden ist.
Rotbraune Backsteingebäude geben sich bedeutend, wie das spätbarocke Colle-
gio Rafaello oder der klassizistische Palazzo Albani mit seinen Arkaden. Es gibt
mehrere Cafés, einen Zeitungsstand, Platz für Stühle und Tische, Platz zum
Flanieren - und in der Mite einen Brunnen. Und manchmal indet hier ein Blu-
menmarkt stat. Es ist der ideale Ort zum Ausruhen und zum Trefen, zum
Sichzeigen und zum Zusehen. Um mit Claudio Magris zu sprechen: sonntäglich
auch im Alltag.
Es beginnt noch ganz unspektakulär am Morgen, wenn man mit einem Packen
Zeitungen unter dem Arm einen Platz zum Frühstück sucht. Ein paar Studenten
kommen vorbei, ein Professor grüßt, der Polizist diskutiert mit einem Autofahrer,
der hier durchfahren will, aber nicht darf. Weil er aber dem kleinen Stadtbus den
Weg versperrt, dann doch durchfahren kann - »aber nur das eine Mal!« Die
Sonne scheint, in den Zeitungen steht nichts Neues, das könnte ein schöner Tag
werden. Schon sieht man einen Freund, und die Verabredung zum Mitagessen ist
perfekt.
Am späten Nachmitag sind alle Plätze in den Cafés besetzt, jetzt scheint der
ganze Ort auf der Piazza versammelt. »Ciao bionda!« - »Lunga vita!« Rufe gehen
von einem Tisch zum anderen, man begrüßt und grüßt zurück, nippt am roten
Aperitif und plaudert mit der schönen Tischnachbarin. Was machen wir heute
Abend? Sehen wir uns nach dem Essen? Gibt es was Sehenswertes im Kino? Man
hört lautes Lachen, und irgendwo ließen vielleicht Tränen. Über der ganzen
Piazza liegt ein fröhliches Summen, eisschleckend gehen Teenager auf und ab, bis
sie plötzlich kichernd schneller gehen, weil sich ein Pärchen ziemlich ungeniert
auf den Stufen vorm Collegio küsst. Daneben ist Streit ausgebrochen - »calma,
ragazzi!« Touristen drängeln sich suchend durch die vielen Grüppchen, die sich
gebildet haben. Es wird diskutiert über Tiefgaragen oder ob man die Eisenbahn
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