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Mit dem Po durch Literatur und Geschichte
Die Deiche waren gebrochen. »Das Wasser hat hier überall außerordentlichen
Schaden gethan, wie du gewiss schon aus den öfentlichen Blätern wirst gehört
haben… Es arbeiten ot mehrere hundert Mann an den Dämmen und werden
Jahre arbeiten müssen, ehe sie alles wieder in den alten Stand setzen.« Johann
Gotfried Seume kam im Winter 1802 auf seiner Fußreise nach Syrakus bei
starken Regenfällen in die Poebene, kurz nachdem der mächtige Fluss über die
Ufer getreten war. Seit jeher kämpfen die Menschen um und mit dem Po, dessen
Hochwasser hier sogar die Zeitrechnung bestimmten: »Die Leute in Ferrara hat-
ten die Jahre nach den Dammbrüchen des Po berechnet, bevor sie dazu übergin-
gen, sie nach den napoleonischen Aushebungen zu zählen.« So beginnt Riccardo
Bacchellis Buch »Die Mühle am Po«. Es sind die wiederkehrenden Überschwem-
mungen, die dieser Familiensaga jedes Mal eine dramatische Wendung geben, so
als schriebe nicht der Autor, sondern der Fluss diese Geschichte aus dem
19. Jahrhundert.
Heute muss der Po, in dessen Einzugsgebiet ein Dritel der italienischen Staats-
bürger lebt, für so manchen politischen Unsinn herhalten. Die rechtspopu-
listische Lega Nord, die keine Gelegenheit auslässt, um zusammen mit kathol-
ischen Priestern gegen den »heidnischen« Islam und den Bau von Moscheen zu
protestieren, hat den Po in einer verquasten Mythologie zum »Got Padaniens«
erhoben. Bis vor Kurzem pilgerte Parteigründer Umberto Bossi in die Alpen zur
uelle am Monviso und entnimmt eine Ampulle des götlichen Nasses. Die
uelle ist allerdings auch die einzige Stelle am Po, an der das Wasser noch trink-
bar ist.
Inzwischen hat sich in Sachen Umwelt einiges getan. Aktiver Landschatss-
chutz bewirkt, dass die Zersiedelung am Flussbet nicht fortschreitet. Man baut
zurzeit - ot gegen hetige Proteste der Anwohner - an einem System von Flut-
feldern, das dem Fluss bei Hochwasser neuen Raum geben soll. Außerdem wur-
den die Hauptdeiche verstärkt. Bei der letzten Extrembelastung im Herbst 2000
haben die Flutungen Erfolg gehabt und die Deiche gehalten. Kaum vorstellbar,
dass bald darauf Trockenperioden (zuletzt im Frühjahr 2012) den größten Fluss
Italiens öter gleichsam in ein Rinnsal verwandelten.
An dem Tag, als es aufgehört hate zu regnen, schrieb Seume: »Der Po ist hier ein
großes, schönes, majestätisches Wasser, und die heitere, helle Abendsonne ver-
goldete seine Wellen, und links und rechts die Ufer in weiter, weiter Ferne. Es
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