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dem Boot. Erst die Bademode veränderte seit dem 19. Jahrhundert dann innerhalb
weniger Jahrzehnte das Landschatsbild. Straßen wurden gebaut, Promenaden
angelegt. Der Hang zum Exotischen verlangte nach Palmen und Zypressen, die
dort angeplanzt wurden, wo ehedem noch bewaldete Ufer lagen. Am Lago di
Orta und am Lago di Varese hat sich hier und da die »antike«, die ursprüngliche
Natur erhalten, da, wo es in Ufernähe zu sumpig und deswegen zum Baden un-
geeignet ist.
Familiengeschichten an der Adria
Was soll das Geschrei, ist etwas passiert? Roberto schiebt die Sonnenbrille hoch
und blickt durch sein Fernglas auf das Wasser zu den Steinbuhnen. Ein kleines
Schlauchboot ist umgekippt, aber der siebenjährige Kapitän taucht schon wieder
prustend aus dem Meer auf. Nichts ist passiert. Roberto, der Sportstudent aus Bo-
logna, verdient sich im Sommer in Rimini ein bisschen Geld als bagnino , als Ba-
demeister. Von seinem Turm aus hat er den ganzen Strand im Blick. Von genau
337 Sicherheitstürmen, im Schnit alle 300 Meter einer, werden die Strandbäder
der Riviera adriatica überwacht. Sicher ist sicher.
An der Adria ist der bagnino längst eine historische Figur. Ob er heute noch
Liebesabenteuer mit blonden Nordeuropäerinnen bestehen muss, weiß ich nicht.
Das Bild des Latin Lover, der Jagd auf Urlauberinnen macht, ist wohl eher Ver-
gangenheit. Zur Ausbildung gehört jedoch ein Kurs in Lebensretung, und als
Zeichen für diese Aufgabe tragen die Helden ein rotes Hemd. Aber meist müssen
die »roten Männer« nur abgetriebene Surfer, die sich zu weit hinausgewagt
haben, wieder »einfangen«, wie Roberto es lächelnd nennt.
Die Küste von den Lidi di Comacchio bis nach Catolica und Pesaro besitzt laut
Tourismuswerbung den sichersten Strand Europas. Familienfreundlich ist er ganz
bestimmt: Der Boden fällt am Ufer seicht ab, und das Meer bleibt auf 500 Meter
motorbootfrei. Im feinen und weichen Sand fühlen sich besonders Kinder wohl.
Deshalb ist die ganze Adria auch ein riesiger Familienbetrieb. Alles spielt sich am
Strand ab oder auf den ersten Metern im Meer. Denn richtig schwimmen wollen
eigentlich nur die Fremden. Die machen dann manchmal auch den bagnini
Arbeit, wenn sie bei gefährlichen Strömungen trotz Badeverbots ins Wasser
steigen, abgetrieben werden und nicht mehr ans Ufer zurückinden.
Die italienischen Urlauber dagegen spielen und planschen im Wasser, kühlen
sich ab und führen fröhlich prustend die Gespräche weiter, die auf der Liege
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