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spült wurde. Was man noch heute in Gesteinsfunden rund 600 Meter über dem
Meeresspiegel nachweisen kann. Direkt am Strand schließlich erhebt sich
20 Meter hoch und 17 Meter breit »La inestra sul mare«, das himmelblaue »Fen-
ster zum Meer« von Tano Festa, das der Wasserlandschat im wahrsten Sinne
einen Rahmen gibt.
Angefangen hate alles 1982. Der damals 29-jährige Antonio Presti, Sammler
von Gegenwartskunst und Erbe einer großen Zementfabrik aus Messina,
entschloss sich, seinem verstorbenen Vater ein Denkmal zu setzen. Nicht in
Messina, wo das Unternehmen seinen Sitz hate, sondern in Tusa, woher die Fam-
ilie stammt und der Vater seine Jugend verbracht hate. Es sollte auch »kein Den-
kmal im Vorgarten« werden, wie er erzählt, sondern »ein Zeichen in der Land-
schat setzen«. Denn Kunst und Schönheit, so die Überzeugung von Presti,
würden der Gemeinschat aller gehören. »Sie stärken das Selbstvertrauen der
Menschen und verbinden sie mit ihrem Lebensraum.«
Dieser Antonio Presti, der viel raucht und gerne schwarze Seidenhemden trägt,
ist ein sonderbarer Typ. Er sieht sich selbst als Poet und als Verteidiger der
Schönheit in einer von Hässlichkeiten belagerten Welt. Halb Sizilien verehrt ihn,
die andere Hälte tut ihn als Spinner ab. Im Mündungsraum des Tusa-Flusses -
über den heute in schwindelnder Höhe eine Brücke der Autobahn
Palermo-Messina stelzt - ließ er 1986 von Pietro Consagra eine 18 Meter hohe
Doppelskulptur aus weißem und schwarzem Beton - ohne Baugenehmigung -
aufstellen und »schenkte« sie der zuständigen Gemeinde.
Das war der Anfang einer Strategie: Andere bauen sich in Italien ohne
Genehmigung Häuser in naturgeschützter Landschat und lassen sie sich - nach
Zahlung einer kleinen Buße - legalisieren. Antonio Presti baute ohne Genehmi-
gung Kunstwerke und überschrieb sie dann zur Legalisierung den ents-
prechenden Gemeinden. Das vom Vater geerbte Unternehmen hat er längst
verkaut, denn das Zementgeschät und der Baumarkt auf Sizilien sind bis heute
mit Maiamethoden verseucht. Mit dem Geld gründete der Ostsizilianer eine Kul-
turstiftung und widmet sich seitdem als Mäzen einer Reihe von Kultur- und Sozi-
alprojekten. Wobei es ihm, so banal das klingen mag, immer um das Schöne geht.
»Und um soziale Würde«, sagt er, sich eine neue Zigarete anzündend. Was das
heiße? »Schönheit darf kein Selbstzweck bleiben, sondern muss Verwahrlosung
aufheben und Illegalität vertreiben.« So hat er Kunstprojekte mit Schülern in Lib-
rino, einer von Armut und Kriminalität geprägten Vorstadt von Catania initiiert
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