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weiterführende Schulbildung gibt es ein vielfältiges System von Gymnasien ( li-
ceo ) und Fachoberschulen ( istituto tecnico ), die nach inzwischen vier weiteren
Jahren zum Abitur und zur Hochschulreife ( maturità ) führen. In Italien machen
rund 40 Prozent eines Schülerjahrgangs Abitur (in Deutschland 35 Prozent). An
den Universitäten ist gerade - wie in anderen Ländern der EU - die 3+2-Formel
umgesetzt worden. Auf einen dreijährigen Studiengang, der mit der laurea breve
(oder dem »Bachelor«) abschließt, folgt nach zwei weiteren Studienjahren die
laurea specialistica (oder der »Master«), der sich dann weitere Doktoranden-Stud-
iengänge (Ph.D. etc.) anschließen können.
Bereits mit der laurea breve erhält der Studienabgänger im Gegensatz zum
deutschen System den Titel dotore . Und wenn man sichergehen und mögliche
Beleidigungen vermeiden will, redet man eine Person mit Leitungsfunktionen
und überhaupt solche, die gelegentlich Bücher unter dem Arm tragen und mehr-
ere Zeitungen lesen, besser mit dotore an. So halten es auch die Italiener. Kaum
werde ich irgendwo (in der Bar, im Geschät, beim Friseur) als Stammkunde an-
gesehen - und das ist man in der Regel bereits dann, wenn man zum zweiten
oder driten Mal autaucht -, begrüßt man mich laut mit »Buon giorno, dotore!«
Soll man erklären, dass man in Deutschland trotz eines Hochschulabschlusses
noch lange kein »Doktor« ist? »Aber dotore «, werde ich manchmal gefragt, »ir-
gendetwas müssen Sie doch sein?« Lassen wir den dotore und nennt mich beim
Namen!
Es gibt Bildungsstäten ganz anderer Art, die typisch für Italien sind, weil sie
die kunsthistorische Tradition mit dem Handwerk von heute und der Suche nach
neuen Formen verbinden. Unter dem schlichten Namen Fabrica hat sich Beneton
zum Beispiel eine Talentschmiede geschafen. Bis zu dreißig junge Erwachsene
arbeiten in der Nähe von Treviso in einer von Tadao Ando umgebauten venezian-
ischen Villa an Projekten in verschiedenen Fachgruppen zusammen. Sie
beschätigen sich mit Design, Fotograie, neuen Medien, Musik, Verlagsprodukten
und neuerdings auch mit Kino.
Es gibt keinen Unterricht (höchstens Workshops) und keine Lehrer (außer den
Leitern der Fachgruppen), sondern nur die Freiheit, auf Firmenkosten ein bis zwei
Jahre zu leben und ohne Erfolgszwang kreativ zu experimentieren. Aber was
heißt schon ohne Erfolgszwang? Wer darauf setzt, anschließend im Konzern ein-
en Job zu bekommen, wird sich rechtzeitig anpassen wollen. Außerdem sieht es
der Patron Luciano Beneton durchaus als Aufgabe von Fabrica, neben dem spiel-
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