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Pausenwelsch und andere Schulfragen
Vor einigen Jahren erschien bei Bompiani ein Buch mit dem äußerst langweiligen
Titel »Nuova grammatica inlandese« (»Neue innische Grammatik«). Doch der
Autor Diego Marani aus Ferrara, der als Übersetzer bei der EU-Kommission in
Brüssel arbeitet, ist ganz und gar kein temperamentloser Sprachexperte, sondern
ein phantasiereicher Romancier, der außerdem aus reinem Vergnügen eine neue
Sprache erfunden hat: das Europanto. Es setzt sich aus den wichtigsten europäis-
chen Sprachen auf der Basis einer vereinfachten englischen Satz- und Zeiten-
struktur zusammen. »Ich esse eine mucho bravo cantante, und meine amigos
maxime aprreciate moi singante und der guitarre playante.« Das bedeutet: »Ich bin
ein guter Sänger, und meine Freunde mögen es sehr, wenn ich singe und die Gi-
tarre spiele.«
Tischgespräche in einer zweisprachigen Familie in Italien erinnern manchmal
an dieses Europanto, wenn vor allem die Kinder Begrife der einen in der anderen
Sprache verwenden und etwa die Muter fragt: »Vuoi leggere la mia Klassen-
arbeit?« Dieses Deutschitaliano wird als Umgangssprache in der Pause an den
Deutschen Schulen in Mailand, Genua oder Rom geplegt, die als
Begegnungsschulen von deutschen und von italienischen Kindern besucht wer-
den. Je nach Jahrgangsstufe werden einige Fächer auch auf Italienisch unter-
richtet. Manchmal konjugieren die Schüler unter sich sogar deutsche Verben auf
Italienisch: »Rechniamo quest'Aufgabe?«
Deutsch- und Italienischlehrer reagieren mitunter entsetzt auf das »Pausen-
welsch«, die Kinder gehen jedoch spielerisch damit um. Und sie haben einen
großen Vorteil: Viele deutsche Lehrer tun sich schwer, während ihres Aufenthalts
in Mailand, Rom oder Genua Italienisch zu lernen. Und unter den Ortskräten
sind es die Italiener, die ot kein Deutsch sprechen. Da lacht die ganze Klasse,
während der Lehrer mal wieder den Witz nicht verstanden hat.
Das italienische Schulsystem unterscheidet sich von dem deutschen dadurch,
dass es streng zentralistisch organisiert ist bis hin zu den Prüfungsthemen für das
Abitur ( diploma ), die vom römischen Erziehungsministerium landesweit gleich
ausgegeben werden. Plicht ist bereits ein Kindergartenjahr ( scuola materna ) ab
dem sechsten Lebensjahr, es folgen eine fünjährige Grundschule ( scuola element-
are ) und eine dreijährige Mitelschule ( scuola media ).
Acht Jahre lang lernen die italienischen Kinder gemeinsam und ohne Beg-
abungsstufen. Mit der achten Klasse endet (bislang) auch die Schulplicht. Für die
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