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Aber warum muss Rom heute so aussehen, wie es früher einmal war? Auch die
Zeit und der Wechsel der Farben, wird von Kritikern argumentiert, gehören zu
einer Geschichte, der man Rechnung tragen müsse. Doch die Puristen setzen sich
derzeit durch. Mit jeder Gebäuderestaurierung verschwindet etwas von der ock-
erfarbenen Haut der vergangenen Jahre. So werden Plätze, wie zum Beispiel die
Piazza di Spagna, gleichsam zu einem farblichen Fleckenteppich. Rechts von der
berühmten Treppe erstrahlt das Keats-Shelley-Haus seit ein paar Jahren in fre-
chem Rosarot, während links der Palazzo mit der Babington-Teestube noch in
dunklem Ocker gehalten ist. Aus der ebenfalls traditionell dunklen Stirnseite im
Norden sticht ein schmales Haus als hellgelber Streifen heraus. Das kürzlich res-
taurierte Casino der Villa Borghese im Park auf dem Pincio jenseits der Spanis-
chen Treppe leuchtet jetzt ungewöhnlich elfenbeinfarben. War Rom je weißgelb,
rosa oder gar noch bunter?
Jede Zeit hate ihre eigene Farbe. Für die Monumentalbauten war bis ins
17. Jahrhundert hinein die Farbe vom Originalmaterial (oder ihre Imitation) bind-
end: das Rotgrau der Ziegelbauten oder das Weiß des Travertins etwa.
Privathäuser, die der kleinen Leute, waren dagegen schon immer farbenfroher,
vermuten Experten von der Bibliotheca Hertziana. Das Ocker setzt sich endgültig
erst mit den Savoyern aus Piemont durch, als Rom Hauptstadt und Königssitz
Italiens wird. Mussolini hat schließlich »einen dunklen Farbeimer über Rom aus-
geschüttet«, sagt Christoph Luitpold Frommel, der zusammen mit anderen aus-
ländischen Kunsthistorikern von der Stadt um Gutachten bei Restaurierungen ge-
beten wird. Man könne ja, so Frommel, die Irritation vieler Besucher verstehen,
zumal »das Ocker so dekorativ nachdunkle«, aber die Farben Roms seien nun
einmal andere.
Anders waren auch die Farben in Pompeji und den Ausgrabungen in Hercu-
laneum und Umgebung. Jahrhundertelang feierte man das typische Pompeji-Rot,
das den Hintergrund für die Fresken der untergegangenen Stadt zu Füßen des Ve-
suvs bildete. Was der Wissenschat schon länger bekannt war, drängt jetzt auch
in die Öfentlichkeit: Das Rot war eigentlich Gelb. Das Gas, das mit hohen Tem-
peraturen beim Ausbruch des Vulkans 79 n. Chr. frei wurde, veränderte auch die
chemische Zusammensetzung der Farben. Sicher hat es damals auch rote Wände
gegeben, aber die meisten - so kann man in einer Studie lesen, die das nationale
Optik-Institut (INO) zusammen mit dem nationalen Komitee der Wissenschaten
(CNR) erarbeitet hat - waren ockergelb. Auch das antike Rom war ja sehr viel
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