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Castellazzo Bormida bei Alessandria (Piemont) zur Weihe ihrer Motorräder. Ich
erinnere mich eines zornigen Ausspruchs meiner Muter, die beim Betreten einer
Kirche zurückgewiesen wurde, weil sie an dem heißen Tag eine ärmellose Bluse
trug: »Pferde und Motorräder dürfen in die Kirche und werden geweiht, aber
Menschen, die wie Menschen aussehen, nicht!« Gegen Wut und Schlangenbiss
hilt übrigens der Apostel Petrus.
Franziskus - Gaukler und Geistlicher
Andere Heilige bleiben merkwürdig distanziert, auch wenn sie höchste oizielle
Bedeutung haben. Die heilige Katharina von Siena zum Beispiel ist die Schutzpat-
ronin Italiens. In der Kirche San Domenico in Siena wird die Kapelle, in der der
Kopf der Heiligen als Reliquie verehrt wird (sie selbst liegt in Rom begraben),
durch eine große Europafahne gekennzeichnet. Das blaue Sternenbanner wirkt
merkwürdig profan in dem riesigen, lichtdurchluteten Kirchensaal. Auf einer
Tafel kann man lesen, warum es hier hängt: Katharina ist im Herbst 1999 vom
Papst auch zur Schutzheiligen Europas ausgerufen worden.
Italien hat neben einer heiligen Patronin natürlich auch einen heiligen Patron.
Womit wir wieder bei unserem Franz von Assisi wären. Die doppelstöckige
Grabeskirche der kleinen Stadt im romanisch-gotischen Übergangsstil gehört
gerade wegen der weltbekannten Fresken von Cimabue und Gioto zu den schön-
sten Kirchenbauten Italiens. Und über die porziuncula , die erste Mönchszelle von
Franziskus weit vor den Toren von Assisi, wurde im Stil der späten Renaissance
triumphierend die riesige Basilika Santa Maria degli Angeli gebaut. Sie sollte die
Pilgermassen aufnehmen, die bereits damals nach Assisi strömten. Ein Erdbeben
beschädigte im September 1997 die kleine Stadt und ihre Kulturschätze. Doch
bereits nach vier Jahren ließen die gründlichen Restaurierungsarbeiten kaum
noch Spuren des schweren Bebens entdecken.
Franz von Assisi (1181-1226) hat seit jeher Gläubige wie Ungläubige fasziniert.
Noch heute ist er in Italien eine Heiligenigur, die die Gemüter erhitzen kann.
Nach der Interpretation des Literaturnobelpreisträgers Dario Fo, der den Bühnen-
monolog »Der heilige Spielmann Franziskus« geschrieben hat, war der gute
Mensch von Umbrien ein Gaukler und Bänkelsänger. Einer, der die hierarchis-
chen Strukturen der Kirche ebenso kritisierte wie ihre Prunksucht. Ein revolu-
tionärer Außenseiter, der zu volkstümlichen und derben Ausdrucksformen gegrif-
fen habe, um sich beim Volk verständlich zu machen. Natürlich hat diese Inter-
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