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tellungen gibt, sich um die Kinder kümmert und die Nachbarn in ihren baglio ,
ihren Hof, einlädt. Gemeinschat, wenn sie überschaubar sei, mache stark. Und so
habe auch noch niemand bei ihr den pizzo eingefordert.
Das italienische Wort pizzo bezeichnet sowohl kunstvoll gewebten Stof
(»Spitzen«) als auch Schutzgeldzahlungen. »Addiopizzo« hate vor einigen Jahren
mit einer Plakataktion begonnen, bei dem neben einem Slip aus violetem
Spitzenstof zu lesen war: »Ein Volk, das den pizzo bezahlt, ist ein Volk ohne
Würde.« Und über dem Slip stand in kleiner Schrit: »Das ist der einzige pizzo ,
den wir wollen.« In der Via Pirandello, dem Sitz der Bewegung, ist man stolz
über das bereits Erreichte. Neben den 200 Ladenbesitzern, die öfentlich erklären,
kein Schutzgeld zu zahlen, haben sich fast 10000 Palermer eingeschrieben, die als
kritische Konsumenten nur in » pizzo -freien« Geschäten einkaufen wollen. Wenn
sich dem auch einige Touristen anschließen würden, dann häten vielleicht mehr
Restaurantbesitzer und Hoteliers Mut, aus dem Schaten zu treten. Je mehr man
die Antimaia sieht, desto schwächer wird die Maia. Denn auch die Touristen
sollten wissen, dass sie, wenn sie in einer Pizzeria essen, die Schutzgeld bezahlen
muss, indirekt die Cosa Nostra mitinanzieren. Infos über »Addiopizzo« gibt es
inzwischen sogar auf Deutsch und Englisch. Eine ähnliche Liste ist außerdem für
Neapel aufgestellt worden (und mit Hilfe des deutschen Generalkonsuls auch ins
Deutsche übersetzt worden).
Der Schritsteller Roberto Alajmo, der ein wundervolles Buch über Palermo ges-
chrieben hat (»Palermo sehen und sterben«), wohnt in einer kleinen Villa direkt
an der Strandstraße von Mondello. Mondello ist ein eleganter Vorort von Palermo
und gleichsam der Strand der Stadt. Roberto Alajmo ist es wichtig, einen kleinen
Abstand zur Stadt zu haben, die zum Resonanzboden seiner Geschichten, Beo-
bachtungen, Relexionen geworden ist. Kann man Maia sehen? Für Alajmo ist
Maia vor allem ein Geruch, »besser: ein Gestank«. Als ob man nach längerer
Zeit in sein ungelütetes Landhaus kommt und diesen Gestank von Verwesung
wahrnimmt. Irgendwo muss sich ein Tier, eine Maus zum Sterben verkrochen
haben. Unter dem Schrank oder wer weiß wo. »Du weißt nicht genau wo, aber
der Gestank sagt dir, dass irgendwo eine tote Maus liegt. Das ist für mich Maia:
der Gestank einer versteckten toten Maus.«
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