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Ich habe damals Roberto Saviano interviewt, der von der Camorra, der neapolit-
anischen Maia, mit dem Tode bedroht wird, weil er in seinem Doku-Roman »Go-
morrha« die Verbindungen zwischen Maia, Wirtschatskreisen und der Politik
offengelegt und auch Namen genannt hate. Saviano sagte mir, dass Deutschland
durch das Atentat in Duisburg »aus einem naiven, wenn nicht schuldigen Sch-
weigen« geweckt worden sei. Denn seit mindestens zwanzig Jahren investieren
kriminelle Mächte aus Kampanien und aus Kalabrien Kapital in Deutschland.
»Das Bauwesen in Ostdeutschland«, so Saviano, »wird durch die 'Ndrangheta
und die Camorra kontrolliert, wobei Hunderte von Firmen, die als Subunterneh-
men arbeiten, mit den Clans verbunden sind.«
Das betrit vor allem die 'Ndrangheta, die kalabresische Maia, die eher zu den
Stillen im kriminellen Lager gehört und nur gelegentlich durch blutige Fehden
von sich reden macht. Während die sizilianische Cosa Nostra Mite der Neunzi-
gerjahre mit spektakulären Bombenatentaten noch die direkte Konfrontation mit
dem Staat gesucht hate und die neapolitanische Camorra zuletzt 2005 in einem
monatelangen Bandenkrieg verstrickt war, konzentriert sich die 'Ndrangheta seit
Jahrzehnten ganz auf ihr Kerngeschät: den weltweiten Drogenhandel zuerst mit
Heroin und jetzt mit Kokain.
Man investiert außerdem in Immobilien, kaut Pizzerien und Restaurants, ver-
schmäht auch das ein oder andere Wuchergeschät nicht und verdient beim Han-
del mit Wafen oder Gitmüll etwas dazu. Wirtschatseinrichtungen wie das
römische Institut EURISPES schätzen das Geschätsvolumen der drei größten it-
alienischen Maiaorganisationen auf insgesamt über 140 Milliarden Euro jährlich
(mit einem Gewinn zwischen 60 und 70 Milliarden). Das entspricht einem Brut-
toinlandsprodukt von Staaten wie Dänemark oder Portugal. Wobei die
'Ndrangheta, die in den Siebzigerjahren noch als »armer Bruder« von Cosa
Nostra und Camorra galt und sich durch Menschenraub und Lösegelderpressun-
gen überhaupt erst das nötige Startkapital beschafen musste, inzwischen alle an-
deren Organisationen in den Schaten stellt.
Die 'Ndrangheta hat ihre Fühler auch weit in legale Wirtschatsbereiche aus-
gestreckt, investiert im Baugeschät, kontrolliert Import-Export-Firmen oder
wäscht die ungeheuren Gewinne aus dem Drogengeschät über seriöse Bankver-
bindungen sauber. Dabei kann sie sich - wie die anderen Maiaorganisationen in
Italien auch - in ihrer Heimatregion einerseits auf ein Heer von Zuträgern aus
den sozial schwachen Schichten und andererseits auf die Mithilfe von Steuerbe-
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