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zwischen beiden Seiten. Aber zu spät: Am 9. Mai 1978 wurde der Leichnam von
Aldo Moro in einem roten Renault 4 gefunden, der wohl nicht zufällig in der Via
Caetani geparkt war - etwa auf dem halben Weg zwischen der kommunistischen
und der christdemokratischen Parteizentrale. Zur selben Stunde wurde auf Sizili-
en Peppino Impostato, ein junger Aktivist der Antimaia, ermordet. Doch darum
kümmerte sich die italienische Justiz erst zwanzig Jahre später.
Aber warum haben die Justizbehörden trotz eines riesigen Aufwandes (über 6
Millionen Menschen, ein Zehntel der italienischen Bevölkerung, wurden kontrol-
liert!) während dieser 55 Tage nicht das »Volksgefängnis« gefunden, in dem
Moro festgehalten worden war? Oder wollte man ihn gar nicht inden? Häte
man durch Verhandlungen sein Leben reten können? Oder wollte man es gar
nicht reten? »Das hat er sich selber zuzuschreiben«, kommentierte etwa der ul-
trakonservative Kardinal Giuseppe Siri, Erzbischof von Genua, am Tag der Ent-
führung.
Kürzlich erschien eine kritische Herausgabe der »Letere dalla prigionia«
(Briefe aus der Gefangenschat), die der junge Historiker Miguel Gotor bei Ein-
audi vorgelegt hat. Die auf den inzwischen als authentisch angesehenen Doku-
menten beruhende Ausgabe versammelt insgesamt 97 Briefe sowie ein von Moro
verfasstes Memorial. Gotor beklagt in seinem Kommentar die »doppelte Zensur«,
der Moro in den letzten Tagen seines Lebens unterworfen war: die der Roten Bri-
gaden, die nur ganz wenige Ausschnite dieser Texte ihren Kommuniqués
beilegten, und die der Politiker, die zusammenhanglose Passagen an die Presse
weitergaben, um so den Eindruck zu erwecken, Moro sei nicht mehr zurech-
nungsfähig.
Der Verräter und sein Bruder
Dies ist die tragische Geschichte von Patrizio und Roberto, zweier Brüder aus der
Region Marken. Patrizio ist Terrorist, Roberto wird Opfer des Terrors. Der 1953
geborene Patrizio Peci bewundert die BR. Mit 24 Jahren schließt er sich ihnen an
und geht in den Untergrund. Sein drei Jahre jüngerer Bruder Roberto, der früher
an eher harmlosen Aktionen teilgenommen hat, will mit der Gruppe nichts zu
tun haben und zieht sich aus den politischen Auseinandersetzungen zurück. Als
die Roten Brigaden im Frühjahr 1978 Aldo Moro entführen und hinrichten, set-
zen Regierung und Polizei alle Mitel ein, um die Roten Brigaden zu zerschlagen.
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