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dem zwischen dem Nordwesten (Piemont/Ligurien/Lombardei) und dem Nordos-
ten (Südtirol/Trentino/Venetien/Friaul), die jeweils ganz unterschiedliche Tradi-
tionen haben. Auch das Piemont und die Lombardei sind sich nicht grün. Nie
werde ich so ot gefragt, ob man denn in dem schrecklichen Mailand überhaupt
leben könne, wie in Turin. Und Giorgio Bocca, der große alte Publizist, der in
Cuneo (Piemont) geboren wurde, aber in Mailand (also in der Lombardei) bis zu
seinem Tod 2012 lebte, erzählte immer die Geschichte vom Zeitungsstreik. Wenn
früher in Turin und Umgebung die Mitarbeiter der »Stampa« oder anderer Lokal-
blätter streikten, verließen die Piemontesen den Kiosk ohne Zeitung, ihnen wäre
niemals eingefallen, Mailänder Bläter wie den »Corriere della Sera« oder den
»Giorno« zu kaufen. Was häten sie darin schon Interessantes erfahren können?
Inzwischen gibt es mit der römischen »Repubblica« eine nationale Alternative zu
den Mailändern. Die können auch Turiner lesen. Wobei zugleich die Rolle Mitel-
italiens beschrieben wäre: nämlich zwischen den verschiedenen Gemüt-
szuständen des Nordens zu vermiteln.
Wie verhält es sich mit dem Süden? Wenn man nur an die Städte Neapel, Bari
oder Palermo denkt, an Landschaten und Mentalitäten an der kalabresischen
Stiefelspitze oder in der sardischen Barbagia, wird deutlich, dass es viele, ganz
unterschiedliche »Süden« gibt. Hier liegt einer der wichtigsten Schlüssel zum
Verständnis von Italien: die Vielseitigkeit und Gegensätzlichkeit, wobei Modernes
und Traditionelles nebeneinander existieren und jedes Chaos seine Ordnung hat.
Man hüte sich also vor Verallgemeinerungen.
Und noch ein paar Kuriosa: Italien ist in Europa der größte Produzent von Bio-
Produkten und nach Deutschland der zweitgrößte Konsument. In Italien sind
mehr Autos (606) auf 1000 Einwohner zugelassen als in Deutschland (559), der
Schweiz (518), Österreich (505) oder den USA (487). Es wachsen auf italienischem
Boden im Durchschnit mehr Wälder als in Irland, Belgien, Holland oder Däne-
mark. Es soll 57 Millionen Mäuse, 20 Millionen Spatzen und 10 Millionen Igel
geben. Die älteste Osteria (»Al Brindisi«) hat in Ferrara seit 1435 geöfnet. Das
hermometer fällt niemals unter null Grad in Taormina, Anacapri, Amali und
Sanremo.
Buon viaggio!
Der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Er wird schneller, immer schneller, die
letzten Häuser Roms verschwinden unter einem azurblauen Himmel, die Cam-
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