Travel Reference
In-Depth Information
Neapolitaner werden vom Norden ausgenutzt und unmündig gehalten«) wurde
ein politisches Manifest, das im Fall der Lega sogar zeitweise in Regierungspro-
gramme einloss, als sie mit Berlusconi die Parlamentsmehrheit in Rom bildete
(siehe Seite 152). Dass dabei Fragen des Risorgimento als Katalysator wirkten,
zeigt wieder einmal, dass man ohne Geschichte die Gegenwart nicht verstehen
kann.
Eine Orgel für Sant'Anna
Eine ganz wichtige Rolle in der öfentlichen Wahrnehmung spielt bis heute die
Erinnerung an die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs. Im Juli 1943 landeten die
Alliierten auf Sizilien. Mussolini wurde nach einer Revolte im faschistischen
Großrat auf Befehl des Königs verhatet und durch Marschall Pietro Badoglio er-
setzt. Das kriegsmüde Land suchte einen konfusen Weg zum Frieden. Anfang
September 1943 wurde ein separates Wafenstillstandsabkommen zwischen Itali-
en und den Alliierten bekanntgegeben. Der ehemalige Verbündete Deutschland
besetzte - nach bereits wochenlangen geheimen Vorbereitungen - am 8. Septem-
ber militärisch das Land. Hitler ließ Mussolini befreien, der darauhin die Repub-
lik ausrief und den Kurort Salò am Gardasee zu seinem Regierungssitz machte.
Gegen die deutsche Besatzung und die faschistische Marionetenrepublik von
Salò bildete sich eine immer stärker werdende Widerstandsbewegung. Auf Ak-
tionen des Widerstands antworteten die Deutschen mit Strafaktionen gegen die
Bevölkerung. Während der 20-monatigen deutschen Besatzungszeit starben rund
10000 Männer, Frauen und Kinder. Sie wurden ot auf grausamste Art durch
Angehörige der Wehrmacht und der Wafen-SS ermordet. Ganze Ortschaten
wurden abgebrannt und zerstört. An die 600000 entwafnete Soldaten und Män-
ner im arbeitsfähigen Alter verschleppte man zur Zwangsarbeit nach Deutsch-
land. Viele kamen dabei in KZ-ähnlichen Lagern ums Leben. Es ist heute manch-
mal nicht leicht, in Italien ein Deutscher zu sein. Ich bin diesem geschichtlichen
Hintergrund auf meinen Reisen durch das Land vielerorts begegnet. Von zwei be-
sonders bewegenden Begegnungen möchte ich erzählen.
Frieden ist ein großes Wort in Sant'Anna di Stazzema. In dem kleinen,
700 Meter hoch gelegenen Dorf in den Apuanischen Alpen an der Grenze zwis-
chen der Toskana und Ligurien gedenkt man jeden Sommer eines der
schlimmsten Massaker des Zweiten Weltkriegs auf italienischem Boden. Ange-
hörige verschiedener Einheiten der 16. SS-Panzergrenadierdivision »Reichsführer
Search WWH ::




Custom Search